
Fotos: Westend-Presseagentur
Hans-Bert Matoul wird 80 Jahre alt – wir erinnern aus gegebenem Anlass an einen der bekanntesten Chemie-Stürmer. Denn Hans-Bert war es, der sich am 30. April 1966 unsterblich machte, als er den 1:0-Siegtreffer im Pokalendspiel gegen Stendal erzielte. Er ist aber auch eines der bekanntesten Beispiele für die beispiellose Spielerwechsel-Praxis der DDR-Sportpolitik zugunsten des 1. FC Lok.
Hans-Bert Matoul, der 1955 mit dem Fußballspielen begann, startete seine Oberligakarriere bei der BSG Chemie Leipzig. Zuvor aber hatte er eine ganz andere Position inne: „Bis 15 war ich im Tor. Dann hatte ich die Faxen dicke, weil die vorn keine Tore geschossen haben und ich hinten die Bälle halten musste. Ich wollte Torwart werden, habe früher als kleines Kinder im Garten trainiert, mir Pfosten gebaut. In der Scheune habe ich im Stroh geübt, richtig zu springen. Torwart war für mich das große Ziel“, erinnert sich Hans-Bert Matoul an seine Kindheit in einem Gespräch mit der Magdeburger Volksstimme.
Nach Leipzig-Leutzsch war er auf Drängen Alfred Kunzes aus der Kreisklasse gewechselt, nachdem Chemie im Juli 1965 ein Freundschaftsspiel gegen Traktor Langeln (9:1) absolviert hatte. Zum Langelner Schützenfest bestritten die Leipziger als aktueller DDR-Vizemeister ein Freundschaftsspiel bei der BSG Traktor, um sich im direkten Duell einen Eindruck von seinen Torjägerqualitäten zu verschaffen. „Ich habe dann noch für Langeln gespielt, der Gegner wollte sich das genau angucken“, berichtet Matoul.
An seine Anfänge in Leipzig erinnert er sich noch genau. „Anfangs habe ich auch in Leipzig morgens für zwei, drei Stunden als Konditor noch in der Bäckerei gearbeitet, das ging aber nur ein halbes Jahr“. „Die haben auch erst mal geschaut: ,Wie macht der sich? Schießt der Tore? Danach waren das schon perfekte Bedingungen.“
Nach seinem Debüt im Dezember 1965 im Pokal gegen Neubrandenburg, bei dem er in der 90. Minute sogleich den 1:0-Endstand erzielte, bestritt er alle weiteren zwölf Saisonspiele und trug sich dabei für die Chemie-Elf fünfmal in die Torschützenliste ein. Im FDGB-Pokal-Finale erzielte er das goldene Tor zum 1:0-Sieg gegen die BSG Lokomotive Stendal. Bis 1971 bestritt er 82 Oberligaspiele, in denen er 22 Tore erzielte. Quasi zwischendurch absolvierte er seinen Armeedienst (der für Spieler von geförderten Fußballclubs nicht obligatorisch war) und erzielte in seiner Zeit bei Motor Dessau zwischen Herbst 1968 und Frühjahr 1970 20 Treffer.
Dann kam der berüchtigte „Ruf aus Probstheida“, Matoul wechselte zu Lok und kam auch dort bestens zurecht. In 76 Spielen erzielte er insgesamt 39 Tore und wurde in der Saison 1973/74 mit 20 Treffern Torschützenkönig der DDR-Oberliga. Dabei erzielte Matoul beim 7:0-Auswärtssieg gegen Energie Cottbus am 13. Oktober 1973 fünf Tore. Außerdem stand er mit Lok im Pokalfinale 1973 sowie im UEFA-Cup-Halbfinale 1973/74.
1974 beendete Matoul überraschend nach 158 Oberligaspielen mit 61 Toren seine großartige Karriere, weil er seinem gesundheitlich angeschlagenen Vater Hans in der elterlichen Bäckerei in Langeln half und den Betrieb wenig später übernahm. Später spielte er noch beim DDR-Ligisten BSG Einheit Wernigerode, mit denen er wiederholt auf seine alte Liebe BSG Chemie traf. Bis heute erzählen ältere Sportfreunde aus Wernigerode vom 4:1-Sieg ihrer Elf gegen Chemie, bei dem der alte Haudegen Matoul den 4:1-Endstand per Elfmeter besiegelte.
Drei Länderspiele absolvierte Matoul, der dabei einen Treffer erzielte. Für die WM-Endrunde in der Bundesrepublik Deutschland wurde er nicht nominiert, nachdem er noch zum vorläufigen Aufgebot gehört hatte.
Nachdem er einige Jahre als Trainer in Wernigerode gearbeitet hatte, kam er über Markkleeberg 1988 zurück nach Leutzsch. Zunächst als Co-Trainer von Wolfgang Müller, übernahm er den Cheftrainer-Posten, nachdem das Team gegen Müller revoltiert hatte. Nach der Gründung des FC Sachsen Leipzig 1990 galt Hans-Bert Matoul als ernsthafter Kandidat für den Trainerposten, ihm wurde aber schließlich Jimmy Hartwig vorgezogen, der gemeinsam mit zahlreichen Spielern aus Böhlen kam. Danach wurde es ruhiger um seine Person. Er lebt bis heute in Wernigerode, muss allerdings in einem Heim gepflegt werden, weil er an einer Krankheit leidet.
Hans-Bert, wir gratulieren dir von Herzen und wünschen dir alles erdenklich Gute!
