Am 04.09.1949 bestreitet die ZSG Industrie in Leutzsch ihr erstes Punktspiel der DS-Zonenliga. In Leutzsch unterliegt Industrie vor 10.000 Zuschauern der BSG Waggonfabrik Dessau 1:2. Am 07. Oktober entlässt die Sowjetunion ihre Besatzungszone formal in die Unabhängigkeit, die DDR wird gegründet. Aus der DS-Zonenliga wird nun die DDR-Oberliga. Die Leistungen der Leutzscher in der ersten Oberliga-Saison sind durchwachsen, am Ende reicht es nur zu einem 8. Platz. Doch in Leutzsch will man mehr.
Im August 1950 beginnt ein neues Kapitel im Leutzscher Fußball. Nun wird der Verein vom VEB Lacke und Farben (lacufa) unterstützt. Aus der ZSG Industrie wird die BSG Chemie Leipzig. Chemie kommt schnell mit den neuen Bedingungen in der frühen DDR zurecht. Neben dem offiziellen Trägerbetrieb unterstützen zahlreiche kleine und mittelständische private Firmen, Handwerker u.a. den Verein. Die Stadt Leipzig mit ihrer Universität und den Hoch- und Fachschulen ist interessant für auswärtige junge Spieler. So kommen im Sommer 1950 Rainer Baumann aus Altenburg, Rudolf Krause aus Plauen, die die Mannschaft verstärken. Und Chemie spielt eine tolle Saison, ist von Anfang an oben dabei. Das Publikum unterstützt ihren Verein. Bereits drei Spieltage vor Schluss hat es Chemie in der Hand, den Meistertitel nach Leutzsch zu holen. Doch zu Hause gegen Altenburg gibt es eine Niederlage. Chemie findet einfach kein Durchkommen gegen die mit Mann und Maus verteidigenden Skatstädter. Eine Woche später geht es nach Babelsberg. Rotation Babelsberg spielt, als ob es für sie selbst noch um den Titel geht und gewinnt 3:2. Nun sind Chemie und Turbine Erfurt punktgleich. Die Entscheidung fällt vor 60.000 Zuschauer in einem Entscheidungsspiel in Chemnitz. Helbig und Krause erzielen die Tore zum 2:0 für Chemie Leipzig. 19 Jahre nach der Gründung der Tura durch Karl Schwarz erfüllt sich der Traum des Tura-Gründers, den Deutschen Meistertitel nach Leipzig zu holen, den er selbst nicht mehr erlebt. Chemie Leipzig ist nicht nur ein Spitzenverein der DDR, Chemie hat auch die meisten Zuschauer in der DDR-Oberliga.
In die Saison 1951/52 geht Chemie als Favorit. Die Leutzscher sind lange mit oben dabei. Am Ende reicht es zwar nicht zur Titelverteidigung, aber immerhin zum Dritten Platz. Höhepunkt zum Saisonabschluß ist eine Freundschaftsspiel-Reise nach Albanien. Mit der Organisation der Vereine auf der Grundlage von Industriezweigen nach sowjetischen Vorbild erfolgt nach und nach eine Uniformierung der Vereine. So werden alle Mannschaften eines Industriezweiges in Sportvereinigungen zusammengefasst. Diese tragen nun alle den gleichen Namen. So gehören z.B. zur Sportvereinigung Motor alle Vereine des Maschinenbaus, zur SV Lokomotive alle Vereine des Verkehrswesens und eben zur SV Chemie alle Vereine der chemischen Industrie. Nicht nur die Namen der Vereine werden angepasst, auch die Vereinsfarben. Da die SV Chemie die Farben grün-weiß führt, muss Chemie die bis dahin getragenen rot-weißen Tura-Farben ablegen und auch in grün-weiß spielen.
Nach und nach wurde in der DDR auch wieder der internationale Spielverkehr aufgenommen. Am 21.09.1952 bestritt die DDR-Nationalmannnschaft ihr erstes Länderspiel. In Warschau unterlag die DDR mit 0:3. Gleich 3 Chemie-Spieler (Eilitz, Scherbaum und Fröhlich) kamen zum Einsatz. Beim ersten Länderspiel in der DDR, am 14.06.1953 in Dresden gegen Bulgarien (0:0) debütierten die Chemiker Rudolf Krause und Lothar Vetterke.
Inzwischen begann eine Entwicklung in der DDR, dass sich die sozialistischen Funktionäre immer mehr in den Sport einmischen. 1952/53 planen die Verantwortlichen der Kasernierten Volkspolizei (KVP), in Leipzig einen Großverein zu bilden. Grundlage sollen die Spieler der Meistermannschaft von Chemie bilden. In Leutzsch erscheinen Funktionäre der KVP und versuchen die Spieler zu einem Wechsel zu Vorwärts Leipzig zu überreden. Neben den Zusagen von besseren Gehältern und anderen Vergünstigungen wird auch mit Repressalien gedroht. 7 Chemie-Spieler können nicht widerstehen und wechseln sofort zu Vorwärts. Chemie ist gezwungen, über Nacht eine neue konkurrenzfähige Mannschaft zusammenzustellen. Als die die Punktspiele 1953 wieder beginnen, strömen Zehntausende zu den Spielen von Chemie. Der Georg-Schwarz-Sportpark in Leutzsch ist nun zu klein und Chemie weicht ins Bruno-Plache-Stadion in Probstheida aus. Zuschauerzahlen von 30.000 – 40.000 sind jetzt keine Seltenheit. Die Leutzscher Legende ist geboren. Die Vorwärts -Mannschaft dagegen stößt auf völlige Ablehnung bei der Leipziger Bevölkerung und trägt ihre Heimspiele fast ohne Publikum aus. Noch während der Saison wechselt Vorwärts von Leipzig nach Berlin. Das Experiment der Funktionäre ist gründlich schief gegangen. In Berlin werden die Armee-Fußballer allerdings als FC Vorwärts Berlin der erfolgreichste Verein der 60er Jahre.
Die Chemie-Mannschaft stabilisiert sich wieder und wird 1953/54 sogar Vize-Meister hinter Turbine Erfurt. Somit wird Chemie in seiner ersten Erfolgsphase von 1950 – 1954 je einmal Erster, Zweiter und Dritter. Die BSG Chemie Leipzig stößt jedoch wirtschaftlich an ihre Grenzen. Ein neuer, wirtschaftlich stärkerer Trägerbetrieb wird gesucht. So sind die Leuna-Werke im Gespräch, auch das Kirow-Werk. Ein Spiel bestreitet Chemie sogar unter dem Namen BSG Stahl Leipzig. Doch bevor es zu einem Trägerwechsel kommt, bahnen sich wieder Veränderungen im DDR-Fußball an. Der Weltmeistertitel der Bundesrepublik 1954 in der Schweiz und das international erfolglose Abschneiden der DDR-Nationalmannschaft veranlassen die DDR-Fußball-Funktionäre zu der Maßnahme, die besten Fußballer in Sportclubs zu konzentrieren.