
Foto: Höllenreiter
Ein Ende und ein Anfang schweben über der kommenden Begegnung in der Hauptstadt. Im Osten Berlins bestreitet David Bergner sein letztes Spiel als Interimstrainer der BSG, im Westen Leipzigs leitet ab Dienstag Adrian Alipour die Geschicke der Chemiker. Alle Mitglieder der gut erzogenen grün-weißen Familie wissen: Sowohl zum Abschied als auch zum Einstand geht doch nichts über eine kleine Aufmerksamkeit in Form von Punkten.
Vergangenen Mittwoch erst trennten sich unser blau-weißen Kontrahent aus sportlichen Gründen nach neun Monaten von ihrem Cheftrainer; wer die Saison wie beendet und wann ein Neustart in Altglienicke ansteht, ist noch ungewiss. Vollkommen sicher ist hingegen eines: dass alle Grün-Weißen von Anfang bis Ende alles geben werden für die Punkte aus der Hauptstadt: Zum 27. Spieltag der Regionalliga Nordost gastiert die BSG Chemie Leipzig am morgigen Sonntag, 30. März 2025, um 13 Uhr bei der VSG Altglienicke im Hans-Zoschke-Stadion in Berlin-Lichtenberg.
Alles auf Anfang: die Saison in Altglienicke
Am vergangenen Mittwoch endete die Amtszeit von Semih Keskin als Trainer der VSG Altglienicke. Der 36 Jahre alte Keskin war erst zu Saisonbeginn vom Hauptstadtkonkurrenten Viktoria gekommen und sollte aus einem einmal runderneuerten Kader (weit über 20 Transferbewegungen) eine schlagkräftige Regionalligatruppe formen. Noch vor Ende der Spielzeit kamen die Verantwortlichen bei der VSG zu dem Ergebnis, dass dieser Wunsch nicht erfüllt wurde und trennten sich einvernehmlich und mit sofortiger Wirkung von Keskin. Für ihn übernimmt Torwarttrainer Dan Twardzik interimistisch. Bei wem es bei dem Nachnamen irgendwo klingeln könnte: Dan Twardzik ist der älteste Sohn von René Twardzik, der in Leutzsch von 1991 bis 2001 und von 2005 bis 2008 beim FC Sachsen Leipzig zwischen den Pfosten stand.
Der Wechsel auf der Trainerposition ist Ausdruck der Unzufriedenheit mit der bisherigen Saison. Mit einem – wie schon in den Vorjahren – hochwertigen Kader und neun (!) Zugängen allein im Winter entspricht der zehnte Tabellenplatz nicht den eigenen Ansprüchen. Speziell der Offensivoutput, traditionell eigentlich eine Paradedisziplin der VSG, ist drastisch eingebrochen: 31 Treffer, 1,24 Tore pro Partie, sind für die Blau-Weißen der schlechteste Wert seit der Saison 2017/18 (0,88), hinter dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre (2,06) hinkt man ganze 0,82 Treffer pro Spiel hinterher.
In dieser Saison holte man häufig nur einen Punkt statt derer drei, weil sich defensive Fehler zur offensiven Harmlosigkeit hinzugesellten. Mit Luckenwalde teilt man sich mit zehn Remis den Titel des Unentschieden-Königs der Liga. Am vergangenen Wochenende erst kassierte man im Berliner Landespokal im Viertelfinale zwei Treffer in der Nachspielzeit (90.+4 und 90.+5) zum 2:2 und wurde von den Spandauer Kickers aus der Berlin-Liga in die Verlängerung gezwungen, die nach zwei weiteren Treffern wiederum Unentschieden endete. Erst im Elfmeterschießen konnte sich der Regionalligist mit 8:6 durchsetzen und kam mit einem blauen Auge davon – während man, in ein Spiel komprimiert, die Licht- und Schattenseiten der VSG in dieser Saison sehen konnte.
289 Menschen sahen am vergangenen Dienstag die Premiere von Dan Twardzik gegen die Bubis von Hertha BSC, bei der die VSG ebenso wie die Hertha defensive Schwächen zeigt, es aber vermochte, die eigenen Chancen besser zu nutzen und mit schnellen Reaktionen auf die Ausgleichstreffer das Spiel für sich zu ziehen. Vier seiner Treffer und drei seiner Punkte holte man im Hauptstadtduell mit den Hertha-U23. Beim 4:2 (2:1) im Nachholer des 22. Spieltages fuhr die VSG in einem abwechslungsreichen Spiel gegen die Jungen von der Alten Dame erst den zweiten Sieg in den vergangenen zehn Spielen ein.
Ob Twardzik, der aktuell seine A-Lizenz erwirbt, bis Saisonende oder darüber hinaus im Amt bleibt, ist noch ungeklärt. Fest hingegen steht: Bekommt die VSG ihre PS auf die Straße, dann steht sie qualitativ im oberen Regal der Liga und stellt die Chemiker vor eine schwere Aufgabe.
Von der See an die Spree: Chemie beschließt Englische Woche in der Hauptstadt
Von unterschätzen dürfte aus chemischer Perspektive auf die VSG gewiss nicht die Rede sein, zu regelmäßig ging Chemie gegen Altglienicke baden. In elf Begegnungen konnten die Leutzscher erst einen Sieg einfahren, Altglienicke hingegen satte acht. Alleine in den jüngsten vier Begegnungen sahen die Chemiker mit vier Niederlagen und 0:14 Toren wiederholt alt aus.
Doch bei all den Anfängen und Ende würde es doch ins Bild passen, der wenig schmeichelhaften Serie gegen die Südostberliner ein Ende zu setzen und gleichzeitig wieder anzufangen, in der Liga dreifach zu punkten. Ein Souvenir aus der Hauptstadt als Abschiedsgeschenk für David Bergner, dessen Zeit als Interimstrainer endet; ein kleiner Gruß und ein herzliches Willkommen für Adrian Alipour, um ihm im neuen Job in beruhigten Fahrwassern zu begrüßen: das wäre doch was!
Einmal holte die BSG drei Punkte gegen die VSG, in der Saison 2021/22. Am 36. Spieltag siegten die Leutzscher damals im Stadion auf dem Wurfplatz unter Flutlicht mit 3:2 (2:1), für Chemie trafen Alexander Bury, Dennis Mast und Florian Kirstein. Ein früher Doppelpack der Leutzscher und der entscheidende Treffer durch Kirsche kurz nach Wiederanpfiff markierten den einzigen Leutzscher (Auswärts-)Sieg.
Unter der Woche trafen die Grün-Weißen, ebenfalls auswärts, auf den Greifswalder FC. Trotz wenig entgegenkommenden Spieltermins und längster Auswärtsfahrt der Saison um 18 Uhr an einem Werktag unterstützten rund 250 Chemikerinnen und Chemiker ihre Mannschaft. Gegen die rot-weißen Hausherren holte man mit einer starken Leistung einen mehr als verdienten Punkt. Zum ersten Mal seit September blieb dazu auch der chemische Kasten sauber. Darauf gilt es nun aufzubauen.
Kadertechnisch dürfte David Bergner in seinem Abschiedsspiel an der Seitenlinie (mit Ausnahme von Paul Horschig) fast aus dem Vollen schöpfen können. Stanley Ratifo, mit acht Treffern und zwei Vorlagen bester Scorer der Chemiker, ist von der WM-Qualifikation mit der Nationalmannschaft von Mosambik zurückgekehrt und steht im Kader. Die wegen gelber oder gelb-roter Karten gesperrten Julian Weigel und Cemal Kaymaz dürfen wieder ran. Lediglich der Einsatz unseres Winterneuzugangs Valon Aliji, der mit Leistenproblemen zu kämpfen hat, ist ungewiss.
Nach dem Punktgewinn an der Küste erwarteten die Chemiker in Berlin die Gelegenheit, sich noch weiter von der gefährlichen Zone abzusetzen. Allerdings wird die Chemie-Elf durch die Ergebnisse des Freitagabends unter Zugzwang gebracht: Da Eilenburg, Viktoria und Luckenwalde allesamt dreifach punkten konnten, hat Chemie nur noch zwei Zähler Vorsprung vor Zehlendorf auf Rang 15 und vor dem FCE auf dem (eher theoretischen) Abstiegsplatz dahinter – zwar auch ein Spiel weniger, aber das deutlich schlechtere Torverhältnis. Abgerechnet wird erst am 34. Spieltag und bis dahin sind für die BSG Punkte das A und O.
Zum 27. Spieltag der Regionalliga Nordost gastiert die BSG Chemie Leipzig am morgigen Sonntag, 30. März 2025, um 13 Uhr bei der VSG Altglienicke im Hans-Zoschke-Stadion in Berlin-Lichtenberg. Die Begegnung wird geleitet von Schiedsrichter Chris Rauschenberg (Hörselberg-Hainich), an den Seitenlinien assistieren ihm Marko Wartmann und Katharina Kruse. Für all diejenigen Chemikerinnen und Chemiker, die am Sonntag nicht in der Hauptstadt mit dabei sein können, begleiten unser App-Ticker und unser Fanradio Fünfeck.FM das Spielgeschehen wie gewohnt live und direkt.
Forza, BSG!