
Im Hinspiel war Chemie mit 5:0 (hier in Person von Andy Wendschuch) oben auf. (Foto: Christian Donner)
Englische Woche in Leutzsch: nach dem hartumkämpften und nervenaufreibenden 1:0 (0:0)-Auswärtssieg in Krieschow hat die Mannschaft von Trainer Miroslav Jagatic den ersten Teil der „Auswärtswochen“ erst einmal erfolgreich absolviert. Umso wichtiger ist es, dass die Chemiker vor ihren wiederum drei kommenden Auswärts-Trips wenigstens noch einmal vor heimischer Kulisse antreten dürfen. So ist die Vorfreude im Leutzscher Lager extrem groß, sich am Mittwoch um 18:00 Uhr im Alfred-Kunze-Sportpark gegen den VfL Halle 96 vor den eigenen Fans noch einmal präsentieren zu können.
Denn die Fortsetzung der Auswärtswochen lässt nicht lange auf sich warten. Angefangen mit der Begegnung am Samstag beim Ludwigsfelder FC (Anstoß: 14:00 Uhr, Waldstadion Ludwigsfelde) müssen die Chemiker in den kommenden Wochen wiederum drei Mal in Folge auf fremden Plätzen antreten, was sich im Kampf um die Oberliga-Meisterschaft bisher zwar nicht negativ ausgewirkt hat, mit Sicherheit aber von entscheidender Bedeutung sein kann. Durch den Heimrechttausch gegen den VfB Krieschow und der auf Ostermontag verlegten Partie beim FC Einheit Rudolstadt kam eine Fülle von Auswärts-Partien zustande, so dass sich der Spielplan der Leutzscher alles andere als günstig darstellte. Doch hat sich die Mannschaft bisher davon unbeeindruckt gezeigt – 19 von 21 möglichen Rückrunden-Punkte verdeutlichen, dass die Grün-Weißen auf dem richtigen Weg sind.
Seit der Saison 2009/10 ein fester Bestandteil der Oberliga Süd, geht es für den VfL Halle 96 in dieser Spielserie einzig und alleine darum, die Klasse zu halten. 21 Punkte aus bisher absolvierten 22 Partien bedeuten aktuell Rang 15, was einem Abstiegsplatz entspricht. Bereits vor zwei Jahren gerieten die Trothaer schon einmal in bedrohliches Fahrwasser, doch aufgrund eines energischen Endspurts mit zwei Siegen aus den letzten beiden Begegnungen (4:1 gegen Sandersdorf, 3:2 bei Carl Zeiss Jena II) konnte sich die Mannschaft in letzter Sekunde noch retten. In der vergangenen Saison belegten die Anhaltiner dann einen respektablen 9. Platz, so dass nicht unbedingt davon auszugehen war, dass die Elf in diesem Jahr wieder gegen den Abstieg spielt. Doch bereits in der Hinrunde kam die Mannschaft, die von dem ehemaligen Leutzscher Coach René Behring trainiert wird, recht schwer in die Gänge. Zwar standen die Jungs vom Stadion am Zoo mit 15 Zählern aus 15 Partien auf dem 12. Platz knapp über dem Strich, doch die damaligen Konkurrenten Rudolstadt (15), Ludwigsfelde und Bernburg (jeweils 14) waren jeweils nur Wimpernschläge vom VfL entfernt. Schon aus diesem Grund justierte der Verein in der Winterpause nach und präsentierte drei Neuzugänge. Man sicherte sich beispielsweise die Dienste von Offensiv-Stratege Benjamin Gnieser, welcher vom FC Oberlausitz Neugersdorf losgeeist wurde und dort Regionalliga-Erfahrung aufzuweisen hat. Des Weiteren gelang im Winter die Rückholaktion von Adel Aljindo, welcher von Februar 2016 bis August 2017 schon einmal bei den 96ern spielte. Nach seiner letzten Station SV Merseburg 99 war Aljindo seit Sommer letzten Jahres vereinslos, nun griffen die Trothaer rechtzeitig zu. Dritter Winter-Neuzugang im Bunde ist Abwehrspieler Linus Lorenz, der aus dem bayrischen Deisenhofen an die Saale kam.
Doch auch mit diesen drei neuen Akteuren gelang es den Trothaern nicht, diese bedrohliche Tabellenregion zu verlassen. Seit Beginn der Rückrunde holten die Blau-Roten aus sieben Spielen nur sechs Punkte und konnten einzig die Begegnung bei Askania Bernburg mit 3:1 siegreich gestalten. Die Mannschaft ist nun seit drei Partien ohne dreifachen Punktgewinn, doch die Teilerfolge bei den unbequemen Mannschaften wie Wacker Nordhausen II und dem VfB Krieschow (jeweils 1:1) zeigen eindrucksvoll, dass die Truppe durchaus Qualität besitzt. Bemerkenswert ist weiterhin, dass die Elf auswärts (11 Zähler) bisher einen Punkt mehr holte als daheim und sich insgesamt auf den gegnerischen Plätzen leichter tut. Neben den bereits oben angesprochenen Ergebnissen holte die Elf auch beim torlosen 0:0 bei Inter Leipzig einen nicht unbedingt erwarteten Auswärtspunkt und in Hohenstein-Ernstthal muss man erst einmal 4:1 gewinnen. Allerdings sind die Leistungen der Hallenser insgesamt zu unkonstant, so dass man sich weiterhin mit großer Nachhaltigkeit gegen den drohenden Abstieg zur Wehr setzen muss.
Die einzige Konstante im Team des VfL ist die Treffer-Quote eines Tommy Kind. Nach drei Jahren bei der BSG Chemie Leipzig wechselte der Stürmer im Sommer zu den 96ern – 12 Treffer aus 21 Spielen dokumentieren, dass er von seinen Torjäger-Qualitäten nichts eingebüßt hat. In der Rückrunde hat Kind bereits fünf Mal getroffen – gerade im Alfred-Kunze-Sportpark dürfte er natürlich doppelt motiviert sein. Doch ist Kind längst nicht der Einzige, der beim VfL eine Leutzscher Vergangenheit vorzuweisen hat. So wurde im Sommer mit Sven Schlüchtermann ein sehr verdienstvoller Spieler nach Halle verabschiedet, über Jahre hielt der Publikums-Liebling für die BSG in diversen Spielklassen die Knochen hin. Dritter im Bunde ist Abwehrspieler Tommy Barth, der zu Beginn der letzten Regionalliga-Saison von der Reserve des FC Carl Zeiss Jena nach Leutzsch stieß, bevor er im letzten Sommer aber ebenfalls nach Halle wechselte. Weiterhin werden die BSG-Fans beim Blick auf die VfL-Trainerbank ebenfalls alte Bekannte erkennen. René Behring trainierte die BSG in der Sachsenliga-Saison 2011/12, ehe er drei Spiele vor Saisonende von Steffen Hammermüller abgelöst wurde. Sein Assistenz-Trainer Matthias Zimmerling spielte von Januar bis November 1987 für die BSG Chemie Leipzig in der DDR-Liga (22 Spiele, 7 Tore), ehe er in der letzten DDR-Oberliga Saison (1990/91) zum Auftakt-Spieltag beim 0:0-Unentschieden des FC Sachsen Leipzig daheim gegen den Chemnitzer FC ein kurzes Gastspiel abgab. Sein drittes Intermezzo in Grün-Weiß hatte Zimmerling dann in der Spielserie 1999/2000, als er in der Regionalliga in 23 Begegnungen neun Mal für den FC Sachsen Leipzig erfolgreich war.
Im Gegensatz dazu gibt es aber auch Akteure, die in ihrer Laufbahn den umgekehrten Weg eingeschlagen haben. Chemie-Kapitän Stefan Karau trug im Zeitraum von 2007 bis 2014 das Trikot des VfL Halle, Alexander Bury agierte am Zoo von 2014 bis 2016 (gleichwohl wurden beide ursprünglich in Leutzsch ausgebildet). Auch diese beiden Spieler wird man für diese Begegnung nicht extra motivieren müssen.
Die Leutzscher ihrerseits werden sich gegen die Favoritenbürde im Vorfeld natürlich nicht wehren können – schon die tabellarische Konstellation lässt keine anderen Vorzeichen zu. Allerdings wird die Elf von Trainer Miroslav Jagatic schon deshalb bestrebt sein, dieser Rolle hundertprozentig gerecht zu werden. Nach dem 1:0-Erfolg in Krieschow wollen die Leutzscher am Mittwoch entscheidend nachwaschen, um zusätzlichen Druck auf Verfolger FSV Luckenwalde aufzubauen. Man hat sich durch die bisherige positive Rückrunde in eine sehr gute Ausgangsposition gebracht, welche man natürlich mit einem Heimsieg weiter ausbauen möchte. Dass man, durch den Erfolg am Samstag in Brandenburg, wieder die Oberliga anführt, ist allerdings nicht mehr als eine schöne Momentaufnahme.
Es sind noch acht Begegnungen zu absolvieren, es gilt Woche für Woche die eigenen Hausaufgaben zu erledigen. Und wie schwer das ist, hat die komplette Saison bisher gezeigt – alle Gegner treten gegen die Chemiker top motiviert auf und geben 120 Prozent. Verfolger Luckenwalde wird mit Sicherheit in den kommenden Begegnungen nicht lockerlassen, demzufolge ist es wichtig, einzig auf sich selbst zu schauen. Schon aus diesem Grund ist das Heimspiel gegen den VfL Halle von extrem großer Bedeutung, zumal die drei folgenden Auswärtsspiele in Ludwigsfelde, Rudolstadt und Hohenstein-Ernstthal bei den jeweiligen Kontrahenten sehr hohen Stellenwert genießen. Man könnte den nächsten Schritt in die gewünschte Richtung machen, doch dazu muss die Mannschaft in den 90 Minuten wiederum ihr Leistungspotenzial abrufen. Selbstzufriedenheit und eine Unterschätzung des Gegners könnten fatale Folgen nach sich ziehen, was man sich in Leutzsch unbedingt ersparen möchte. Demzufolge gilt es, sich im Vergleich zum Krieschow-Spiel zu steigern und seine Fähigkeiten über 90 Minuten auf den Platz zu bringen. Defensiv muss wieder eine gewisse Kompaktheit an den Tag gelegt werden, in der Offensive soll wieder verstärkt eine spielerische Note zu sehen sein. Ideen, Spielwitz und Lösungen werden dabei gefragt sein, Halle wird nicht im Hurra-Stil den Alfred-Kunze-Sportpark stürmen wollen.
Personell wird es nicht bedeutend besser aussehen als am Samstag. Neben den drei Langzeitverletzten Sebastian Berg, Lars Schmidt und Florian Kirstein, fehlen weiterhin Florian Schmidt und Manuel Wajer krankheitsbedingt. Hoffnung macht dagegen, dass ein Einsatz von Philipp Wendt, der in Krieschow aufgrund einer Blutblase an der Achillessehne kurz vor Anpfiff zusätzlich noch ausfiel, möglich erscheint. Kai Druschky hat nach seiner Erkrankung am Samstag bereits einen Kurzeinsatz zu verzeichnen gehabt und wird ebenfalls wieder zum Kader gehören.
Schiedsrichter der Begegnung am Mittwoch ist Matthias Alm aus Fürstenwalde. Der 31-jährige hat in dieser Saison bereits seinen zweiten Spielauftrag im Alfred-Kunze-Sportpark, Anfang September leitete er die Partie gegen Carl Zeiss Jena II. Assistiert wird Alm an den Linien von Nico Savoly (Fürstenwalde) und Max Göldner (Bad Saarow).
Den Unparteiischen wünschen wir gutes Gelingen und freuen uns auf ein unterhaltsames Spiel!