
Foto: Christian Donner
Aller guten Dinge sind drei: Nach zwei Niederlagen in zwei Spielen folgt unter Flutlicht schon der nächste Anlauf in Luckenwalde. 685 Tage wird es bei Anpfiff her sein, dass die Leutzscher zum letzten Mal drei Punkte gegen die Blau-Gelben aus Brandenburg einfahren konnten, das aber im heimischen Wohnzimmer, dem Alfred-Kunze-Sportpark — auswärts wollte dieses Kunststück bislang noch nie gelingen. Welcher Zeitpunkt wäre also besser, diese Serie zu beenden? Andy Wendschuch und Tomáš Petráček besorgten seinerzeit, am 9. Spieltag der Saison 2020/21, im Leipziger Westen bereits in der ersten Hälfte innerhalb von nur zwei Minuten den Endstand von 2:0. Wie wir alle wissen, werden es nun ganz andere Chemiker richten müssen, um aus einem Angstgegner den Mutmacher für die neue Spielzeit zu machen: Die Elf der BSG Chemie Leipzig gastiert zum 3. Spieltag der Regionalliga Nordost am Freitag, 19. August 2022, um 19 Uhr im Werner-Seelenbinder-Stadion beim FSV 63 Luckenwalde.
Michael Braune konnte zufrieden sein mit seinen Luckenwaldern: In der vergangenen Spielzeit beendeten unsere Gastgeber die Saison auf dem 12. Tabellenplatz, ein ordentlicher Einstand für den seinerzeit neuen Coach. Braune, vorher Trainer der U19, war frisch auf die Position von Aufstiegstrainer – der FSV spielt seit 2020/21 wieder in der Regionalliga – Jan Kistenmacher nachgerückt, nachdem dieser sein Amt zum Ende der Saison aus beruflichen Gründen niederlegen musste. Die Blau-Gelben erarbeiteten sich unter neuer Führung insgesamt 50 Zähler und konnten so den (unabhängig von der Zahl der Absteiger) ungefährdeten Klassenerhalt feiern und zu jedem Zeitpunkt der Saison der gefährlichen Zone im Tabellenkeller fernbleiben.
Neue Spielzeit, neues Glück? Nun, auch der FSV 63 Luckenwalde hätte sich bestimmt einen besseren Start gewünscht. Zum Saisonauftakt ließ man sich von Aufsteiger Rot-Weiß Erfurt in der vierten Minute der Nachspielzeit in Person von Simon Noah Roscher, der vom Chemnitzer FC nach Brandenburg gewechselt war, kalt erwischen und musste sich die Punkte bei einem Endstand von 1:1 mit den Thüringern teilen. An Spieltag zwei wartete mit dem FC Energie aus Cottbus ein durchaus nochmal anderes Kaliber von Gegner auf das Team von Michael Braune, doch für den FSV war gegen den Vorjahresdritten nichts zu holen. Früh in der Partie legte man sich den Ball nach einem diszipliniert vorgetragenen Cottbusser Angriff über die rechte Seite mit einer kuriosen Co-Produktion von Mittelfeldmann Leon Hellwig und Torwart Nikolas Tix, der für den mit einem Sehnenriss an der Schulter verletzten André Thoms – mittlerweile zarte 40 Jahre jung und (dienst)ältester Spieler der Regionalliga Nordost – zwischen den Pfosten stand, ins eigene Tor. Nach einem fast identischen Spielzug über rechts erhöhte Flügelspieler Nicolas Wähling nach einer guten halben Stunde auf 2:0 für Energie, wobei die Luckenwalder nicht aufsteckten. Ansehnliche (wenn auch brotlose) Offensivbemühungen kurz vor und nach dem Seitenwechsel ließen die Spielanteile zugunsten der Fläminger kippen. Speziell das hohe Überspielen der Abwehrreihe durchs Luckenwalder Mittelfeld stellten Energie wiederholt vor Probleme. In der Schlussphase wurde es wild im Stadion der Freundschaft: Erst der Anschlusstreffer des FSV wegen einer vermeintlichen Abseitsstellung zurückgepfiffen, dann ließ sich auch noch Innenverteidiger Stefan Rankic zu einer unüberlegten Aktion gegen den Cottbusser Eric Hottmann hinreißen – in der Konsequenz bedeutete dies die gelb-rote Karte für beide Spieler, bevor in der Nachspielzeit der vom VfB Germania Halberstadt nach Cottbus gewechselte Tim Heike sehenswert durch die Beine von Nikolas Tix zum 3:0-Endstand erhöhte.
So stehen also nach zwei Partien des FSV ein Punkt sowie 1:4 Tore auf dem Konto und der erste Saisonsieg soll gegen die BSG Chemie eingefahren werden. Verzichten müssen wird Trainer Michael Braune für diese Begegnung auf mindestens zwei Spieler, die die Blau-Gelben bestimmt gerne mit von der Partie gehabt hätten: Einmal, wie bereits erwähnt, der schmerzhafte Verzicht auf Torwart-Veteran André Thoms. Zum zweiten natürlich Innenverteidiger Stefan Rankic der aufgrund seiner Sperre gegen die BSG fehlen wird. Drittens wird Offensivmotor und Führungsspieler Daniel Becker verletzungsbedingt nicht auf dem Platz stehen können. Der 35jährige geht, mit einem kurzen Intermezzo einerseits in Babelsberg und andererseits im Südosten in der Messestadt, in seine insgesamt bereits neunte Saison für den FSV und war in der vergangenen Spielzeit mit 19 Torbeteiligungen (immerhin ein Drittel aller Tore der Luckenwalder) der wichtigste Scorer; der Zeitpunkt seiner Rückkehr in Training und Startelf ist noch nicht bekannt.
Unter den Neuzugängen des FSV findet sich derweil noch kein offensichtlicher Ersatz des Toptorjägers: Mit dem 21jährigen Arne Sommer kam vom MSV Neuruppin aus der NOFV-Oberliga Nord eine neue Nummer drei für die Torwartposition; Sommers Einsatzzeiten dürften jedoch stark von Thoms’ verletzungsbedingter Ausfallzeit und den weiteren Leistungen von Nikolas Tix abhängen. Mittelfeldspieler Philipp Einsiedel, durch mehrere Spielzeiten in Halberstadt und Lichtenberg ein bekanntes Gesicht in der Regionalliga Nordost, ist zwar immer mal für einen Treffer gut (in seiner besten Spielzeit 2019/20 gelangen ihm 12 Scorerpunkte in 21 Einsätzen) – doch auch der 27jährige Mittelfeldmann, der in beiden Saisonspielen in der zweiten Hälfte von der Bank kam, ist und war nie hauptverantwortlich fürs Toreschießen zuständig. Darüber hinaus warten die beiden anderen Neuzugänge noch auf ihre ersten Einsatzminuten: Daniel Hefele im defensiven Mittelfeld, der vom frisch aus der Regionalliga abgestiegenen Lüneburger SK Hansa in die Flämingstadt kam, sowie der 19jährige, bei TeBe und Union Berlin ausgebildete, Innenverteidiger Sofiene Jannene.
Mit Frederik Schmahl, der nun im Dress der Zweitvertretung der TSG Hoffenheim in der Regionalliga Südwest aufläuft, hat der FSV einen jungen und vielversprechenden, flexibel im Sturm und auf der rechten Offensivseite einsetzbaren Mittelfeldmann verloren. Nicht nur, dass der 19jährige insgesamt 34 Mal in der Liga für die Luckenwalder auflief (was seinen Stellenwert nochmals unterstreicht), auch seine sieben Tore und fünf Vorlagen dürften dem FSV jetzt schon fehlen. Auch Robin Spreitzer, ausgebildet beim CFC, Rasenballsport Leipzig und Energie Cottbus, wäre jemand fürs Sturmzentrum gewesen, doch nach einer Saison bei Luckenwalder tritt dieser nun wieder bei seinem Heimatverein FC Grimma in der NOFV-Oberliga Süd an. Die Verträge von Luca Haase (Offensives Mittelfeld) und Konstantin Filatov (Tor) wurden indes nicht verlängert.
Wo steht nun die BSG in alledem? Man könnte fast sagen, für unsere Leutzscher Elf habe sich der FSV Luckenwalde beinahe zu so etwas wie einem Angstgegner entwickelt, speziell, wenn die BSG Chemie die Reise nach Brandenburg antreten muss. In bisher sieben Aufeinandertreffen in Regional- und Oberliga gingen die drei Punkte dreimal an den FSV, zweimal an die BSG und zweimal trennte man sich unentschieden. Auswärts im „Seele“ in Luckenwalde konnte Chemie dafür noch kein einziges Mal gewinnen und kassierte in zwei von drei Partien gleich fünf Gegentore. Beim letzten Sieg der BSG Chemie gegen den FSV, am 9. Spieltag der Saison 2020/21, lauteten die Namen in der grün-weißen Startelf unter anderem noch Burim Halili, Morgan Faßbender oder Julien Latendresse-Levesque; die Tore besorgten beim einzigen Zu-Null-Spiel der BSG gegen Luckenwalde, Andy Wendschuch und Tomáš Petráček im AKS. Vergangene Saison gingen beide Duelle an die Brandenburger: Im kuriosen Hinspiel in Luckenwalde führten die Gastgeber nach einer Halbzeit mit 2:0, nach einer Stunde mit 4:0 und nach einer wilden, aber am Ende unbelohnten chemischen Aufholjagd (drei Tore in neun Minuten) und der vollen Spielzeit mit 5:3. Eindeutig kein Spiel, was unsere BSG hätte verlieren müssen, selbiges gilt auch für das Rückspiel im AKS, wo der FSV nach früher chemischer Führung durch Anton Kanther das Spiel innerhalb weniger Minuten zum 1:2-Endstand drehte.
Generell kann die BSG aus der neuen Spielzeit mit Sicherheit noch einen zufriedenstellenden Saisonstart formen: Die durch Ausfälle gebeutelte Startelf in Potsdam-Babelsberg musste sich einem stark aufspielenden Gegner geschlagen geben, dem man es allerdings auch durch individuelle Fehler und Unkonzentriertheit ein wenig zu einfach machte. Dass die stark verstärkte offensive des SVB so etwas auszunutzen imstande ist, verwundert nicht. Auch die Niederlage gegen die VSG Altglienicke ist keine Schande: Ein sehr guter Trainer wie Karsten Heine und ein Ex-Erstligaspieler (inklusive Auslandserfahrung) wie Tolcay Cigerci können in einer teilprofessionellen Liga wie der unseren schlicht und ergreifend ganz klar den Unterschied ausmachen. Selbstverständlich sehen null Punkte nach zwei Spielen nicht schön aus, doch kommt, sowohl für das Fußballromantiker:innenherz wie für die Story, eine Begegnung mit dem so genannten Angstgegner doch eigentlich wie gerufen: Die Serie auswärts in Luckenwalde beenden, einem unberechenbaren Ligakonkurrenten ein Schnippchen schlagen, sich den möglicherweise aufgekommenen Frust von der Seele schießen und aus dem Saisonstart einen versöhnlichen machen. Wieso nicht?
Zum 3. Spieltag in der Saison 2022/23 in der Regionalliga Nordost reist die BSG Chemie Leipzig am Freitag, 19. August 2022, zum FSV 63 Luckenwalde; Anpfiff der Partie ist um 19 Uhr im Werner-Seelenbinder-Stadion. Das Spiel steht unter der Leitung von Schiedsrichter Christian Allwardt (FSV Kritzmow), zur Seite stehen ihm seine Assistenten Hannes Ventzke (VfB Goldenstädt 1992) und Michael Bernowitz (Rodenwalder SV). Für all diejenigen Chemiker:innen, die ein Freitagabendspiel um 19 Uhr in der brandenburgischen Provinz nicht live verfolgen können, ergeht wie immer das Angebot unseres Fanradios Fünfeck.FM sowie unseres Live-Tickers, beides problemlos zu finden in der App der BSG Chemie. Am kommenden Spieltag empfängt die BSG Chemie Leipzig den SV Lichtenberg 47 im Alfred-Kunze Sportpartk (Sonntag, 28. August 2022, 13 Uhr), unsere Gastgeber sind bereits zwei Tage zuvor (Freitag, 26. August 2022, 19 Uhr) auswärts bei der stark aufspielenden VSG Altglienicke gefragt.
Also auf, Chemie! Auf zum ersten Sieg der Saison, auf zum ersten Sieg in Luckenwalde! Holt uns Freitag die drei Punkte, großes steht uns noch bevor — Forza, BSG!
kiro