Vielleicht ist es Euch aufgefallen: Die Schnurrbartquote unseres Teams ist derzeit außergewöhnlich hoch. Das ist nicht nur der Mode geschuldet, sondern auch dem Wunsch, dieses Jahr die Initiative Movember zu unterstützen.
Movember möchte das Gesicht der Männergesundheit im wahrsten Sinne des Wortes verändern. Weltweit sterben Männer im Durchschnitt 4,5 Jahre früher als Frauen, und zwar aus Gründen, die weitgehend vermeidbar sind. Das bedeutet, dass das so nicht sein muss: Es können Maßnahmen ergriffen werden, um gesünder, glücklicher und länger zu leben. Movember informiert rund um die Themen Prostatakrebs, Hodenkrebs und die psychische Gesundheit und Suizidprävention. Dabei geht es darum, auf die Themen aufmerksam zu machen und über die Vorsorge und Behandlung zu sprechen.
Häufig werden Krankheiten bei Männern leider kleingeredet, verschwiegen oder nicht ernst genommen. Wir wollen die Aktion Movember unterstützen, welche auf die psychische Gesundheit, Suizidprävention, Prostatakrebs und Hodenkrebs aufmerksam macht. Während des Monats sollen Spenden zugunsten der Erforschung und Vorbeugung gegen zuvor genannte Krankheiten und anderer Gesundheitsprobleme von Männern gesammelt werden.
Florian Kirstein
Wir sind als Mannschaft zusammen mit dem Verein zu 100% der Überzeugung, dass Männer und gerade auch junge Männer sich ihrer eigenen Gesundheit viel bewusster werden sollten. Sie ist das höchste Gut, was wir besitzen. Ich habe selber schon drei Mal als Teamkollege in verschiedensten Szenarien miterlebt, dass die Leidenschaft zum Sport durch eine Krankheit genommen wurde.
Regelmäßig zum Arzt gehen, checken lassen, vorsorgen und das Leben genießen!
Dennis Mast
Und Ihr könnt natürlich mitmachen. Registriert Euch, werdet ein sogenannter MoBro, lasst einen Schnurrbart stehen und sammelt Spenden. Auch unser Team ist registriert und Ihr könnt im Namen der BSG hier spenden: Natürlich gibt es auch MoSisters, die sich engagieren, hier bleibt der Schnurrbart eben rein virtuell…
Wir wollen aber nicht nur zum Spenden aufrufen, sondern haben mit der Sportpsychologin Janine Schenk, die seit dieser Saison auch den Teams der BSG zur Verfügung steht, über psychische Männergesundheit gesprochen:
Liebe Janine, warum ist es Dir so wichtig im Rahmen von Movember auf psychische Männergesundheit aufmerksam zu machen?
Meiner Ansicht nach wird immer noch zu wenig über psychische Erkrankungen im Allgemeinem, aber auch besonders bei Männern, gesprochen. Die Auswirkungen und Folgen der Erkrankungen sind verheerend.
Im Jahr 2021 sind laut statistischem Bundesamt 9215 Personen durch einen Suizid verstorben, dass sind etwas mehr als 25 Menschen am Tag. 75% dieser Selbsttötungen wurden von Männern begangen. Als ich mir die Statistik nach Bundesländern angeschaut habe, war ich regelrecht erschrocken, denn die höchste Suizidrate hat das Bundesland Sachsen.
Die verstorbenen Personen hatten Partner, Kinder, Eltern, Arbeitskollegen, Freunde und Nachbarn, auch für diese haben die Suizide enorme Auswirkungen und sind oft auch lebensverändernd.
Fast 70.000 Menschen in Deutschland mussten im Jahr 2021 wegen psychischer Erkrankungen frühzeitig eine Rente beantragen, das hat natürlich auch einen großen negativen Einfluss auf das Einkommen von vielen Familien.
Ich freue mich, dass die BSG Chemie Leipzig ihre Aufmerksamkeit und Reichweite nutzt, um auf das Thema aufmerksam zu machen. Vielleicht erreichen wir damit den einen oder anderen Betroffenen und motivieren ihn, sich Hilfe zu holen, oder können Menschen bewegen, Betroffene in ihrem Umfeld zu unterstützen. Auch wenn sich diese Aktion explizit an Männer richtet, gelten viele Tipps natürlich auch für Frauen.
Warum ist es Dir wichtig, besonders jetzt im November über psychische Erkrankungen zu sprechen?
Wir sind in der „dunkleren“ Jahreszeit angekommen, die Tage werden kürzer. 8-10% der Deutschen leiden an einer sogenannten Winterdepression, die im Herbst und Winter zum Vorschein kommt. Als Ursache dafür wird ein Mangel an Licht gesehen, der dazu führt, dass im Gehirn die Produktion des Hormons Melatonin gesteigert wird. Das könnte die Erklärung für Müdigkeit und depressive Symptome sein. Bei manchen Menschen kommt ein stark vermehrtes Schlafbedürfnis, Heißhungerattacken (vor allem auf kohlenhydratreiche Speisen) und Antriebslosigkeit hinzu.
Sollten diese Symptome länger als 14 Tage andauern und/oder die Alltagsbewältigung beeinträchtigt sein, dann sollten sich der Betroffene dringend ärztliche Hilfe holen, hier ist immer zuerst der Weg zum Hausarzt ratsam.
Was ist eine gute Strategie zur Vorbeugung von psychischen Erkrankungen?
Prinzipiell ist es vorteilhaft eine gute Balance zwischen Anspannung (Stress, Arbeit, familiäre Anforderungen) und Entspannung (Ruhe, Schlaf…) zu finden. Wichtig ist, dass man sich – besonders in der Freizeit – keinem Erlebnis- und Termindruck aussetzt. Ausdauersport (Herz-Kreislauf-Training) zwei oder drei Mal in der Woche für mindestens 30 Minuten, kann präventiv gegen Angststörungen und Depressionen wirken.
Psychische Gesundheit hat auch viel mit der positiven Einstellung zur Problembewältigung zu tun. Empfinden wir ein Problem oder eine Krise als nicht zu bewältigen und unkontrollierbar, geraten wir unter noch größeren Stress. Bewerten wir anstehende Probleme hingegen als eine Herausforderung, die wir kreativ und positiv gestimmt lösen werden, kann das zu persönlichen Wachstum führen.
Ich finde es demnach sehr sinnvoll, positives Denken, eine positive Selbstwahrnehmung und Selbstwirksamkeit zu trainieren.
Soziale Netzwerke aus Familie, Freunden und Bekannten, mit denen man sich zum regelmäßigen Austausch treffen kann, gemeinsam Schönes erleben und die Krise gemeinsam bewältigen kann, stabilisieren die Gesundheit der Psyche.
Warum suchen sich besonders Männer so spät Hilfe bei psychischen Erkrankungen oder Problemen?
Wenn ich männliche Patienten frage, warum sie solange gewartet haben, bis sie sich Unterstützung geholt haben, bekomme ich immer wieder dieselben Antworten:
„Ich habe meine psychischen Probleme lange geleugnet, ich dachte, ich bin doch nicht irre.“
„Ich dachte, das ist doch alles gar nicht so schlimm und damit komme ich alleine klar.“
„Ich war überzeugt, dass man ich meine Probleme sowieso nicht lösen kann“
„Psychische Probleme sind ein Zeichen von Schwäche, ich will in meinem Umfeld nicht als schwach gelten“
„Ich möchte mich von einem Therapeuten nicht beurteilen lassen.“
Mir ist es wichtig dazu zu sagen:
Die Arbeit eines Psychotherapeuten besteht nicht in der Beurteilung eines Menschen, sondern unsere Aufgabe ist es, gemeinsam mit dem Patienten Lösungen zu den vorhandenen Problemen zu finden. Oft ist es sehr hilfreich, die Probleme aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und gemeinsam ein Für und Wider abzuwägen. In der Psychotherapie gibt es keine Tabuthemen, alle Themen können angesprochen werden und so können die Betroffenen auch zu allen Themen einen Weg für sich finden.
Ist man sich unsicher, welche Hilfe man benötigt, ist es ratsam, als erstes den Hausarzt/die Hausärztin anzusprechen. Diese/r kann dabei behilflich sein, welche die nächsten Schritte sein sollten.
Ich kann nachvollziehen, dass man innerhalb seines Umfeldes nicht als schwach gelten möchte oder anderen mit den eigenen Problemen anderen nicht zur Last fallen will. Trotzdem ist es eine gute Idee, sich Hilfe zu holen. Der Betroffene entscheidet dabei, wem er davon erzählen möchte und wem nicht. Durch die Schweigepflicht, die wir Psychotherapeuten haben, haben es ausschließlich die Betroffenen in der Hand, wer davon erfährt.
Lieben Dank, Janine!
Ihr braucht Hilfe? Kontakte – auch für akute Probleme – findet Ihr auf dieser Seite.