Foto: Christian Donner
Das hochklassige, schlussendlich leider torlose Remis vor weit über 9000 Menschen in der Zwickauer GGZ-Arena ist gerade so Geschichte, da wartet der Spielplan für die BSG Chemie mit dem nächsten spätsommerlichen Flutlichtspiel auf. Vor heimischer Kulisse blieb die Chemie-Elf in der jungen Spielzeit noch ohne Niederlage und ohne Gegentor und stellt ohnehin eine der besten Defensiven der Liga. Gegen den für Cheftrainer Karsten Heine typischen Offensivfußball keine allzu schlechte Voraussetzung. Doch die runderneuerte VSG aus dem Berliner Osten, seit mehreren Jahren als Top-Team der Staffel etabliert, will nach jüngst enttäuschenden Ergebnissen endlich zurück zu alter Stärke und in die Spur finden: Zum 9. Spieltag der Regionalliga Nordost empfängt die BSG Chemie am morgigen Freitag um 19 Uhr die VSG Altglienicke im Alfred-Kunze-Sportpark.
VSG 2.0: der Neuanfang im Sommer
Es scheint eine kleine, mehr oder minder unrühmliche Tradition der Regionalliga Nordost zu sein, dass jahrein, jahraus bei gleich mehreren Vereinen aufgrund meist finanzieller Belastungen ein riesiger Umbruch ins Haus steht. Erlebt und besprochen haben wir dies an dieser Stelle bereits in den Fällen des Chemnitzer FC, des Berliner AK oder des FSV Zwickau – und auch unser kommender Gegner ist, im Vergleich zur Vorsaison, kaum wieder zu erkennen. Denn auch im Berliner Osten, in Altglienicke, sollte sich im Sommer 2023 die finanzielle Struktur und das verlässliche Grundgerüst des doch mehr als achtbaren Erfolges der vergangenen Jahre schlagartig ändern: Bauunternehmer Daniel Böhm, langjähriger Mäzen der Volkssportgemeinschaft, kündigte nach Saisonende seinen persönlichen und finanziellen Ausstieg aus dem Fußballbereich an. In der Folge, wie in solchen Szenarien üblich, begann der große Ausverkauf, der große Aderlass im Kader von Altglienicke. Schlussendlich sollte Daniel Böhm seine Meinung noch ändern und der Regionalligafußball bei der VSG weiterhin eine Heimat haben – doch zu diesem Zeitpunkt verblieben noch ganze drei Feldspieler aus dem Kader der Vorsaison beim Verein.
Auf vier Positionen unverändert: die neue VSG
Kadertechnisch war das Team also zahlreichen Veränderungen und Neuerungen unterworfen, Konstanz hingegen herrscht an der Seitenlinie. Der erfahrene Karsten Heine, seit 2019/20 als Cheftrainer engagiert, wird auch in seiner fünften Saison bei Altglienicke weiterhin die Geschicke der Mannschaft lenken. Der 68 Jahre alte Heine machte als Trainer in seiner langen Laufbahn bei allem Station, was Rang und Namen hat in Berlin und Umgebung: Nach Hertha BSC, Union Berlin und dem SV Babelsberg ist der gebürtige Berliner nun seit mehreren Jahren eine Säule des Erfolgs bei der VSG. Sein typischerweise recht offensiv interpretiertes 4–2–3–1 und seine langjährige Erfahrung dürfen bei den starken Leistungen der VSG – seit Heines Amtsantritt wurde keine Spielzeit schlechter als auf Platz fünf abgeschlossen – nicht unterschätzt werden.
Ebenfalls nicht unterschätzt werden darf Tolgay Cigerci: In der Regionalliga Nordost definitiv ein Unterschiedsspieler, der wohl seinesgleichen sucht und der VSG auch in der kommenden Saison treu bleibt. Abseits davon erfuhr der Kader die erwähnte Runderneuerung und kaum ein Stein blieb auf dem anderen. Unter den namhaften Abgängen der VSG befindet sich unter anderem Kolja Oudenne, vergangenes Jahr in Berlin gegen die BSG Chemie mit einem Tor und einer Vorlage erfolgreich (insgesamt 13 Scorerpunkte), den es nach einem Jahr in Altglienicke zu Hannover 96 in die 2. Bundesliga zog. Darüber hinaus verließen Leistungsträger wie Tugay Uzan oder Stammkeeper Leon Bätge den Club, die sich beide dem BFC Dynamo anschlossen und weiter in der Regionalliga Nordost kicken; ebenso wie beispielsweise Sean Mensah (Viktoria Berlin) oder Philipp Zeiger (Babelsberg 03).
Gut Ding will Weile haben: der Saisonstart der VSG
Zur Kompensation der zahlreichen Abgänge (21 an der Zahl) hat sich die VSG schlussendlich wieder qualitativ und durchaus hochwertig verstärken können. Nach dem mit Erfahrung aus allen deutschen Profiligen aufwartenden, 31 Jahre alten Akaki Gogia (von Dynamo Dresden), der Rückholaktion der einst bei der VSG reüssierenden Manske-Brüder Johannes und Paul (SV Meppen) setzte die späte Verpflichtung von Martin Kobylanski vom TSV 1860 München (235 Einsätze in Liga zwei und drei) dem ganzen Transfergebaren des jüngst noch fast mit leeren Taschen agierenden Vereins die sprichwörtliche Krone auf. Doch wie macht sich die neue VSG in der neuen Saison?
Durchwachsen, könnte man sagen. Mit erst drei Siegen aus acht Spielen kann das frisch zusammengestellte Team mehr oder minder erwartungsgemäß nicht an die Leistungen der vorangegangenen Spielzeit anschließen. Die Auftaktniederlage beim 1. FC Lok wurde mit dem 3:1-Heimerfolg gegen den Vorjahresmeister zügig wieder ausgeglichen, auch das 4:1 in Luckenwalde, was bei Weitem keine Selbstverständlichkeit ist, schien Team und Trainer Recht zu geben. Doch die zwischenzeitliche Euphorie wurde durch das Ausscheiden im Landespokal Berlin gegen Lichtenberg 47 (4:5 nach Elfmeterschießen) und die anschließenden Niederlagen Hertha II (2:6) und Viktoria Berlin (0:1) unsanft gestoppt. Nach acht Spieltagen steht man mit zehn Zählern auf dem zehnten Tabellenplatz bei bereits vier Niederlagen und 15 Gegentoren – in der Vorsaison war dies erst nach der doppelten Anzahl an Spieltagen der Fall, im Dezember 2022. Allerdings wurde auch die VSG in dieser Saison nicht mit dem einfachsten Saisonauftakt gesegnet, mit Brocken wie der BFC, Hertha II, Erfurt oder Cottbus hielt der Spielplan einige Herausforderungen bereit. Lebensversicherung der Altglienicker ist in der neuen Saison nach wie vor Tolgay Cigerci: Der mit bisher vier Toren und vier Vorlagen gefährlichste Spieler der VSG wird auch im Alfred-Kunze-Sportpark munter weiter punkten wollen, hätte da die Defensive der Chemiker nicht ein Wörtchen mitzureden.
Es wissen alle Bescheid: heimstarke BSG will Form in Leutzsch bestätigen
Denn das vor beeindruckender Kulisse ausgespielte 0:0 in der Zwickauer GGZ-Arena markierte das fünfte ungeschlagene Spiel der Leutzscher in Folge, die gerade im heimischen Alfred-Kunze-Sportpark bislang nicht zu bezwingen waren. Mit dem torlosen Remis in Zwickau blieb man darüber hinaus auch das dritte Spiel in Folge ohne Gegentor, was kaum verwundert: Erst acht Gegentreffer bedeuten, dass die BSG zurzeit eine Top-5-Defensive in der Regionalliga Nordost stellt. Gegen den FSV schickte Cheftrainer Miroslav Jagatic die Leutzscher Elf zum ersten Mal in dieser Spielzeit mit einer auf Viererkette basierenden Formation aufs Feld und diese bewies im Zusammenspiel mit Benjamin Bellot, dass sie auch auf diese Weise den grün-weißen Kasten sauber halten können. Surek rückte dafür auf die linke Seite im offensiven Mittelfeld und unter dem Strich machten Philipp Wendt, Philipp Harant, Paul Horschig und Florian Brügmann ihre Sache mehr als solide gegen die Zwickauer Offensive. Auch kam Janik Mäder zum ersten längeren Einsatz nach Verletzung und belebte das Spiel sofort spürbar, nachdem er für Timo Mauer aufs Feld kam. In welcher Formation und Aufstellung die BSG den Kampf gegen Altglienicke aufnehmen will, wird sich am Freitag zeigen – und auch, mit wieviel Erfolg. Immerhin kann die BSG vor heimischem Publikum eine zumindest defensiv makellose Bilanz vorweisen und wird dies auch gegen die Volkssportgemeinschaft so aufrechterhalten wollen.
Aus den bisher acht Begegnungen beider Teams in der Regionalliga Nordost konnte erst dreimal etwas zählbares mitnehmen: In unserer Premierensaison 2017/18 blieben wir Leutzscher mit zwei Remis (1:1 im AKS, 0:0 auswärts) ohne Niederlage, den bisher einzigen Sieg der Grün-Weißen gab es 2022 zu bestaunen. Am 29. April siegte die BSG im Berliner Stadion am Wurfplatz dank eines schnellen Doppelschlags von Alexander Bury und Dennis Mast sowie des Tores von Philipp Wendt am Ende mit 3:2 (2:1) und sicherte so den ersten Dreier gegen die VSG. Im Anschluss an das Flutlichtspiel gegen Altglienicke stehen für die Chemie-Elf die Auswärtsfahrt nach Meuselwitz (Sonntag, 8. Oktober, 13.30 Uhr in der bluechip-Arena) ins Haus, die Volkssportgemeinschaft empfängt bereits einen Tag zuvor den Berliner AK.
Zum 9. Spieltag der Regionalliga Nordost empfängt die BSG Chemie am kommenden Freitag, 29. September 2023, um 19 Uhr die VSG Altglienicke im Alfred-Kunze-Sportpark. Die Partie steht unter der Leitung von Referee Tim Gerstenberg (Birkenwerder), assistieren werden ihm an den Seitenlinien Tobias Starost und Maximilian Bauer. Für all diejenigen Chemikerinnen und Chemiker, die am Freitag nicht im AKS mit von der Partie sein können, begleiten unser App-Ticker und unser Fanradio Fünfeck.FM das Spielgeschehen wie gewohnt live und direkt.