Foto: Christian Donner
Zuhause nach wie vor ungeschlagen und ohne Gegentor – immerhin das kann man in Leutzsch mitnehmen aus dem etwas unbefriedigenden 0:0 gegen den Berliner AK am vergangenen Sonntag. Als Tabellenachter reisen Miroslav Jagatic und seine Mannen in die Schwanenstadt, im Gepäck 1800 Chemikerinnen und Chemiker sowie der feste Wille, es besser zu machen. Unsere Gastgeber, vom Spielplan nicht mit dem angenehmsten Saisonstart gesegnet, wollen den Rufen nach Form und Konstanz und den bisher erst zwei Erfolgserlebnissen gewiss Resultate folgen lassen: Zum 8. Spieltag der Regionalliga Nordost gastiert die BSG Chemie am morgigen Freitag um 19:30 Uhr beim FSV Zwickau in der GGZ-Arena.
Vom Aufwind nach dem Sturzflug: der FSV Zwickau im Herbst 2023
Nach dem Abstieg aus der 3. Liga in der vergangenen Saison standen für den FSV Zwickau turbulente Zeiten ins Haus. Die 3. Liga genießt eine traurige Berühmtheit dafür, die in ihr antretenden Vereine wirtschaftlich vor immense Herausforderungen zu stellen und produzierte unmittelbar bereits eine zweistellige Anzahl Vereinsinsolvenzen. Um dies zu vermeiden und die wirtschaftlichen Strapazen irgendwie bestmöglich auffangen zu können, plante man in Zwickau den Weg mit einem Investor zu gehen – entschied sich jedoch im Sinne und zum Wohle des Vereins schlussendlich dagegen und der erfolgreiche Kraftakt der von Unterstützerinnen und Unterstützern durchgeführten und organisierten Crowdfunding-Kampagne gibt dieser Entscheidung bisher Recht. Unter den zwangsläufigen Einschnitten an allen Ecken und Enden litten natürlich auch Kader und Staff der Ersten Mannschaft: Mit 25 Neuzugängen, 20 Abgängen und einem neuen Trainer soll der FSV dem Neuanfang in der vierten Liga gewappnet sein. An der Seitenlinie leitet seit diesem Sommer Rico Schmitt die Geschicke der Zwickauer. Die jüngste Station des gebürtigen Chemnitzers, dessen Vita als Trainer Engagements bei unter anderem Carl Zeiss Jena, dem Halleschen FC oder Erzgebirge Aue aufweist, war beim SV Meppen, den er in der Saison 2021/22 zum Klassenerhalt in der 3. Liga führte. Beim FSV soll Schmitt mit seiner Erfahrung aus fast 300 Partien als Trainer in Liga zwei und drei den Umbruch und Neuaufbau in der Schwanenstadt mitgestalten.
Alles neu: der Kader der Schwäne
Auch der Kader ist selbstredend im Vergleich zur Vorsaison kaum wieder zu erkennen: Mit Dominic Baumann (14 Tore/1 Assist, zum Halleschen FC), Johann Gómez (6/1, Eintracht Braunschweig) und Patrick Göbel (1/5, Borussia Dortmund II) verließen auf einen Schlag die drei besten Scorer der Vorsaison den Verein und spielen weiterhin drittklassig – addiert man Mittelfeldmann Maximilian Jansen und Rechtsaußen Jan-Marc Schneider sind es gar fünf der sechs offensiv produktivsten Spieler. Bisher konnten die Zwickauer die durch diese Transfers weggefallenen Tore recht gut kompensieren und liegen mit elf erzielten Treffern in der Regionalliga knapp über dem Durchschnitt der Staffel, auch wenn aus diesen elf Treffern erst sieben Punkte resultierten. Hier taten sich die Neuzugänge Jahn Herrmann (vom FC Blau-Weiß Linz aus der österreichischen Bundesliga) und der in der RLNO wohlbekannte Marc-Philipp Zimmermann (VfB Auerbach) mit jeweils vier Toren hervor. Vor dem Spiegel von 17 Gegentoren (im Schnitt 2,43 pro Spiel) scheinen die Schwachstellen im Zwickauer Spiel weiter hinten zu finden zu sein. Die Suche nach einer neuen Nummer eins ist beispielsweise, nach dem Abgang von sowohl Stammkeeper Johannes Brinkies (Kickers Offenbach) als auch seiner Ersatzleute Marcel Engelhardt (Holstein Kiel) und Max Sprang (Phönix Lübeck) immer noch nicht abgeschlossen, hier kämpfen der 24 Jahre alte Benjamin Leneis, der vom FC Augsburg kam sowie der gleichaltrige Lucas Hiemann um den Stammplatz. Mit bisher 2,5 (Leneis) beziehungsweise 2,33 Gegentoren pro Spiel (Hiemann) wird zu sehen sein, welcher von den beiden das Rennen machen wird.
Sicher zuhause, schwach gegen die Top-Teams: zur Form
Denn diese 17 Gegentreffer weisen die Zwickauer Abwehrreihe zurzeit als zweitschwächste Defensive der Liga aus, könnten in der Interpretation allerdings auch trügerisch wirken. Ja, die vier Niederlagen fielen größtenteils saftig aus, doch der Spielplan hatte für die Zwickauer auch ein anspruchsvolles Auftaktprogramm parat – verlor man doch mit Cottbus, Erfurt, BFC und Hertha II gegen vier der aktuellen Top 5 der Liga. Allerdings sprechen die 5:14 Tore in diesen Spielen gegen die Spitzenmannschaften und Aufstiegsaspiranten eine deutliche Sprache. Immerhin stimmt die Form vor heimischem Publikum: Gegen Luckenwalde und Rostock ging man siegreich vom Platz, gegen Viktoria Berlin endete das Spiel 1:1 unentschieden. Auch im Sachsenpokal löste man seine Aufgabe beim Kreisoberligisten Roßweiner SV souverän mit 5:0. Ins Auge sticht jedoch in dieser noch jungen Saison, dass nicht nur die Mannschaft ihre Form zu suchen scheint, sondern auch Rico Schmitt seine finale taktische Marschroute. So variierte Schmitt häufig zwischen Dreier- und Viererkette in der Defensive und ließ beinah in jedem Spiel in einer anderen Formation spielen. Mittlerweile scheinen sich größere Teile der Startelf herauskristallisiert zu haben, dennoch ist der FSV Zwickau ein nicht zu unterschätzender Kessel Buntes, bei dem jedoch durchaus etwas gehen könnte für unsere BSG Chemie.
Premiere in der GGZ-Arena
Gut 100 Mal trafen die beiden Kontrahenten des morgigen Tages bereits aufeinander. Und doch ist es über zehn Jahre her seit den letzten Liga-Duellen zwischen Zwickau und dem Leutzscher Holz – in seiner letzten Saison 2010/11 entschied der FC Sachsen beide Vergleiche (3:2 im AKS, 2:0 im damaligen Westsachsenstadion) für sich. Danach trafen die BSG Chemie und der FSV aus Zwickau lediglich im Sachsenpokal aufeinander, dreimal insgesamt. Zwei der drei Begegnungen konnte die BSG für sich entscheiden und in beiden Jahren, in denen Zwickau geschlagen werden konnte, zog man auch ins Pokalfinale ein. Nach dem jüngsten Duell im April 2022, welches im Elfmeterschießen zugunsten der Leutzscher endete, sollte es schlussendlich zwar nicht für den Titel reichen, dafür in der erinnerungswürdigen Saison 2017/18. Hier eliminierte die BSG die Zwickauer im Achtelfinale dank Toren von Alexander Bury, Rintaro Yajima, Sebastian Hey und Manuel Wajer mit 4:2. Ob Pokal oder Liga, auf die Unterstützung der Fans können die Grün-Weißen immer zählen – umso größer ist die Freude darüber und die Vorfreude darauf, dass seitens des Heimvereins die komplette Hintertortribüne als Gästeblock zur Verfügung gestellt werden wird, auf der bis zu 1800 Chemikerinnen und Chemiker Platz finden können und werden. Ein pickepackevolles Stadion, Flutlicht und eine Mannschaft, die heiß darauf ist, wieder ihr Können zu zeigen: Nach der Nullnummer zuhause darf nun gerne ein Heimsieg in Zwickau folgen.
Zum 8. Spieltag der Regionalliga Nordost gastiert die BSG Chemie am morgigen Freitag um 19.30 Uhr beim FSV Zwickau in der GGZ-Arena. Die Partie steht unter der Leitung von Referee Johannes Drößler (Gotha), assistieren werden ihm an der Linie Eugen Ostrin und Matthias Lämmchen. Für all diejenigen Chemikerinnen und Chemiker, die nicht mit in Zwickau sein können, begleiten unser App-Ticker und unser Fanradio Fünfeck.FM das Spielgeschehen wie gewohnt live und direkt.
kiro