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Überflieger im AKS

By 8. August 2023No Comments

Foto: BSG Chemie Leipzig

Der regelmäßige Einsatz von Polizeidrohnen bei Spielen im Alfred-Kunze-Sportpark zum Ende der vergangenen Saison hatte nicht nur bei uns, sondern auch bei vielen Fans Fragen aufgeworfen: Nicht wenige Anhängerinnen und Anhänger der BSG fühlten sich während der Spiele pauschal „dauerüberwacht“ und wollten mehr über die Hintergründe und die Legitimation der polizeilichen Maßnahme wissen. Das Fanprojekt und die Fanbetreuung des Vereins hatten daher eure Fragen zur „Drohnenproblematik“ gesammelt und die Sächsische Datenschutzbeauftragte Dr. Juliane Hundert um eine fachliche Einordnung gebeten. Dabei ging es neben der großen, eher abstrakt-juristischen Frage, wie die Drohnennutzung mit den Grundrechten einhergeht, auch um viele konkrete Aspekte rund ums Stadionerlebnis. Das Team der vom Sächsischen Landtag installierten Datenschutz- und Transparenzbeauftragten hat uns nun geantwortet und zumindest ein wenig Licht ins Dunkel gebracht: 

Drohneneinsätze stellen demnach „grundsätzlich Eingriffe in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dar“ und bedürfen immer einer sogenannten Ermächtigungsgrundlage. Bei Fußballspielen ist das in der Regel das Sächsische Polizeivollzugsdienstgesetz. „Nach §57 Abs.1 kann die Polizei bei abstrakten Gefahren (…) offen Übersichtsbildübertragungen anfertigen“. Außerdem kann sie „personenbezogene Daten durch den offenen Einsatz technischer Mittel“ erheben, wenn eine „konkrete Straftat“ im Raum steht.

Laut eines Grundsatzurteils des Landgericht Sigmaringen ist die Polizei allerdings dazu verpflichtet auf die „Videoüberwachung aufmerksam zu machen, soweit dies nicht offenkundig ist“. Das war z.B. beim Spiel gegen den Chemnitzer FC nur sehr ungenügend der Fall. Beispielsweise gab es hier keine Hinweistafeln am Einlass, Lautsprecherdurchsagen waren kaum verständlich. Außerdem war die Drohne nicht korrekt markiert. Ergänzend gab die Datenschutzbeauftragte auch den Hinweis, dass der Drohnenpilot eine „auffällige Kennzeichnung“ tragen sollte, damit erkennbar ist, wer das Gerät von welchem Standort steuert. Diese Einsatztransparenz ist laut Datenschutz daher wichtig, weil von Drohneneinsätzen eine sehr hohe „subjektive Eingriffsintensität“ ausgeht, da die Geräte kaum sichtbar und quasi geräuschlos agieren. Neben deutlich erkennbaren „optischen Hinweisen (ggf. auf Leinwänden)“ und eigenen Lautsprecherdurchsagen der Polizei soll bestenfalls „allen Betroffenen Kenntnis über die polizeilichen Maßnahmen“ ermöglicht werden. Dabei stellt die Datenschutzbeauftragte klar, „dass die Polizei auch ohne Kooperationsbereitschaft des Veranstalters die Erkennbarkeit des Drohneneinsatzes sicherstellen muss“.

Viele Fans empfanden die ständige Positionierung der Drohne über den Open-Air-Toilettenbereichen als inakzeptabel. Auch hier hat die Datenschutzbeauftragte bei der Polizei nachgefragt: „Toilettenbereiche seien nicht bildlich übertragen worden. (…) Es könne eine abweichende Wahrnehmung der Betroffenen zwischen Standort der Drohne in der Luft und der tatsächlichen Bildübertragung entstehen.“

Auf die Frage, ob von Drohnen über vollbesetzten Fanblöcken nicht auch eine erhebliche Gefahr ausgeht, falls das Gerät z.B. abstürzt oder mit einem Vogel zusammenstößt, konnte die Datenschutzbehörde nicht abschließend antworten. Hierfür wird noch eine Auskunft beim Polizeiverwaltungsamt eingeholt. Ebenso keine Antwort gab es auf die Fragen rund um die Verhältnismäßigkeit der Drohneneinsätze. Warum wird ein ganzes Stadion aufgrund einer „abstrakten Gefahr“ quasi eingeschüchtert und kriminalisiert? Wie lässt sich die Gefahrenprognose überprüfen? Welchen gesellschaftlichen Schaden richtet das durchgehende Abfilmen des gesamten Stadionpublikums an? Hier verweist die Datenschutzbeauftragte auf den rein rechtlichen Bewertungsrahmen und die Befugnisnormen, die es überprüft. Die politische Debatte muss an anderer Stelle geführt werden. Wir jedenfalls bleiben zusammen mit dem Fanprojekt in der Thematik weiter am Ball und halten euch auf dem Laufenden.

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