Foto: BSG Chemie Leipzig / Christian Donner
Das Derby im Alfred-Kunze-Sportpark, für viele sicherlich das Highlight im Chemie-Kalender, wirft seine langen Schatten bereits voraus. Doch vorher steht für das Team von Miroslav Jagatic eine weitere Reise in die Hauptstadt an. War die ursprüngliche Ansetzung noch den Unwägbarkeiten des Hauptstadtwetters zum Opfer gefallen, steht nun zu Wochenbeginn gegen die Rot-Weißen aus Moabit ein weiteres Nachholspiel ins Haus – und wenig schmeckt süßer als drei Punkte in der Generalprobe vor dem wichtigsten Spiel des Saison: Zum Nachholspiel des 23. Spieltags der Regionalliga Nordost gastiert die BSG Chemie Leipzig heute um 19 Uhr beim Berliner AK 07 im Poststadion in Berlin-Moabit.
Déjà-vu: Die bisherige Saison unserer Gastgeber
Vergleicht man den Verlauf der aktuellen Spielzeit unserer Gastgeber mit dem der Vorsaison, offenbaren sich gewisse deutliche Parallelen: Der BAK zeigte vom Start weg dominanten Fußball und begann beide Spielzeiten mit fünf oder mehr ungeschlagenen Partien in Folge, auch gegen das aktuelle Spitzenduo der Staffel. Bis tief in den Herbst hinein, bis Ende Oktober stand man an der Tabellenspitze und füllte durch Siegesserien von vier oder in der Vorsaison sogar sieben Spielen konstant das Punktekonto. Doch, kurioserweise, jeweils im November wendete sich das Blatt für den Berliner AK – und sollte in beiden Spielzeiten in Bezug auf die Meisterschafts- und Aufstiegsträume relativ früh in der Saison vollendete Tatsachen schaffen.
In der Vorsaison ist der Kipppunkt nach einem Auswärtssieg in Luckenwalde auszumachen: Im Nachgang dieses Spiels qualifizierte man sich zwar noch im Landespokal Berlin für das Viertelfinale, konnte in der Liga aber von den nächsten 13 Partien lediglich drei für sich entscheiden. Dabei kassierte man satte acht Niederlagen, verlor erst die Tabellenspitze, dann den Anschluss und wurde bis ins obere Mittelfeld der Tabelle durchgereicht. Doch war der Leistungsabfall in der Saison 2021/22 aufgrund vielfacher Corona-Erkrankungen und mehrerer Verletzter im Kader des BAK zumindest direkt begründet, so fällt die Suche nach den Ursachen in der aktuellen Spielzeit durchaus schwerer.
Denn auch in dieser Saison kippten die Leistungen des BAK an einem gewissen Punkt, konkret nach dem elften Spieltag. Auswärts endete für die Rot-Weißen ein hochklassiges Topspiel gegen den damaligen Tabellenzweiten Babelsberg torlos 0:0, womit auch die Tabellenspitze weiter sicher war. Doch, kaum kam der November und mit ihm der Chemnitzer FC, begann für den BAK eine Serie zum Vergessen, aus Taumeln wurde freier Fall: Zwölf Spiele und nur ein einziger Sieg, dazu krachende neun Niederlagen bei insgesamt 9:24 Toren und das Aus im Landespokal-Achtelfinale bei Sechstligist SV Sparta Lichtenberg (2:4) noch obendrauf. Man überwinterte zwar noch auf dem dritten Tabellenplatz, nach dem Jahreswechsel sprangen aus neun Partien allerdings nur magere fünf Punkte heraus – von den Plätzen an der Sonne hinunter auf den 10. Platz ins Niemandsland der Liga.
Neuer Trainer, neues Glück? Das Jahr 2023 für den Berliner AK
Nach gerade einmal 15 Monaten wurde diese klar unter den eigenen Erwartungen zurückbleibende Performance auch Benjamin Duda zum Verhängnis. Duda, der im Zuge der Trainer-Rochade der Vorsaison von Germania Halberstadt nach Moabit gewechselt war, muss, wie der Verein am vergangenen Mittwoch bekannt gab, nach nur etwas mehr als einem Jahr seinen Hut nehmen. 40 Partien durfte Duda an der Seitenlinie der Rot-Weißen in der Regionalliga Nordost leiten. Hierbei gelangen 17 Siege und sieben Remis, bei dann doch deutlichen 16 Niederlagen. Das Torverhältnis von 60:52 Toren, also 1,5 eigenen und 1,3 Gegentreffern pro Partie; dazu die unterm Strich als enttäuschend zu klassifizierende Ausbeute von 1,45 Punkten pro Spiel: für den immer mindestens mit einem Auge nach oben schielenden Berliner AK schlicht nicht gut genug – und in der aktuellen Spielzeit sogar Grund, von der Beantragung der Lizenzunterlagen für die 3. Liga vollständig Abstand zu nehmen.
Die Nachfolge des von seinen Aufgaben entbundenen Benjamin Duda übernimmt nun Volkan Uluc, der bereits vor rund 20 Jahren in Moabit an der Seitenlinie stand. Darüberhinaus finden sich im Lebenslauf von Uluc diverse Stationen im Fußballkosmos Mitteldeutschlands und Berlins; so tauchen beispielsweise der BFC Dynamo, Viktoria Berlin, Carl Zeiss Jena, Wacker Nordhausen und sogar auch der FC Sachsen Leipzig (vor gut 20 Jahren, doch in der „Schnellboot“-Zeit für nur fünf Spieltage) in der Vita des 53jährigen auf.
Es wird zu sehen sein, ob und wie deutlich sich der Effekt des neuen Trainers beim Berliner AK bereits beim Nachholspiel gegen die grün-weißen Leutzscher bemerkbar machen wird und inwiefern Uluc die Saison des BAK noch irgendwie versöhnlich zu Ende bringen kann – fest steht allerdings, dass die sportliche Misere dieser Saison keinesfalls auf sein Konto geht und die Reflexion in Moabit womöglich an mehr Stellen und Personalien ansetzen muss als nur an der Trainerbank.
Chemie will mit einem Auswärtserfolg in die Derbywoche
Mannschaft und Betreuerstab rund um Miroslav Jagatic befinden sich nach wie vor auf dem besten Weg, die beste Saison der ‚neuen‘ BSG Chemie zu spielen: und haben am heutigen Montagabend die Chance, die in jeder Spielzeit neu zu überwindende Schallmauer von 40 Punkten zu knacken und damit den Klassererhalt quasi offiziell klarzumachen; hierfür genügt gegen die Rot-Weißen sogar ein Punkt im Poststadion.
Kadertechnisch können Jagatic und Sobottka für das Spiel in Moabit aus dem Vollen schöpfen, lediglich Tarik Reinhard und Florian Kirstein müssen nach wie vor die durch Verletzungen und den Sonderurlaub bedingten Rückstände aufholen. Unser Verteidiger Philipp Wendt muss sich, so er denn spielen sollte, vor einer Verwarnung hüten: eine weitere gelbe Karte hätte das Verpassen des wichtigsten Spiels des Jahres zur Folge. Abgesehen davon hat die Chemie-Elf heute alle Trümpfe selber in der Hand, um den perfekten Wochenstart in die Derbywoche zu verwirklichen – und diesem mit einem Sieg am Sonntag deren perfekten Abschluss folgen zu lassen.
Die Partie steht unter der Leitung von Hannes Ventzke (Rostock), als Assistenten zur Seite stehen ihm Florian Strübing und Marvin Tennes. Für all diejenigen Chemikerinnen und Chemiker, die nicht live in Moabit dabei sein können, begleiten wie immer unser App-Ticker und unser Fanradio Fünfeck.FM das Spielgeschehen live und direkt.