
Foto: BSG Chemie Leipzig
Acht Wochen und einen Tag musste sich die grün-weiße Familie gedulden, bis für ihre BSG Chemie endlich wieder der Ball in der Regionalliga rollt. 57 lange Tage dauerte die Winterpause für die Leutzscher wegen der vielen Absagen.– Immerhin: Auf einem komfortablen Tabellenplatz sechs mit 27 Punkten überwintert es sich deutlich leichter. Nach der unfreiwillig frühen Winterpause am 29. November blieben der Elf von Miroslav Jagatic also ein paar Tage mehr Zeit, um sich optimal aufs erste Heimspiel im neuen Fußballjahr vorzubereiten. Auch der Aufsteiger aus Thüringen will seine starke Performance in der Liga bestätigen: Seit acht Spielen ist es keinem Team mehr gelungen, gegen den FC Rot-Weiß Erfurt zu gewinnen – und nur zwei Teams gelang das bisher überhaupt. Für die Einweihung des nagelneuen Flutlichts für Leutzsch verspricht die Begegnung zwischen zwei der besten Hinrundenteams vor ausverkauftem Haus also einen Fußballabend, der es in sich hat: Zum 16. Spieltag der Regionalliga Nordost empfängt die BSG Chemie Leipzig morgen um 19 Uhr den FC Rot-Weiß Erfurt im Alfred-Kunze-Sportpark.
Rot-weiße Aufsteigerpower: die bisherige Saison unserer Gäste
Als eine erste Mannschaft von Rot-Weiß Erfurt zum letzten Mal in Leutzsch spielte, hieß der Bundeskanzler Gerhard Schröder, der Trainer der deutschen Nationalmannschaft Erich Ribbeck, der Torschützenkönig der 1. Bundesliga Martin Max (TSV 1860 München) und der deutsche Fußballmeister – naja, die Bayern. Acht (Stamm-)Spieler des Kaders unserer Ersten waren noch nicht einmal geboren, als der Tabellenzweite FC Sachsen Leipzig am 6. November 1999 in der Regionalliga Nordost, damals dritthöchste deutsche Spielklasse, gegen den FC Rot-Weiß Erfurt antrat. Der FC Sachsen entschied das Spiel nach Toren von David Bergner, Andreas Schiemann und Matthias Zimmerling mit 3:0 für sich und sollte die Saison vor Erfurt auf dem sechsten Tabellenplatz und demnach mit der Qualifikation zur neuen Regionalliga Nord beenden. Das war vor gut 23 Jahren – und heute?
Heute, anno 2023, bedeutet Chemie gegen Erfurt das Aufeinandertreffen von zwei der formstärksten Teams der Hinrunde. Heute reist Erfurt als starker Aufsteiger in den Leipziger Westen, mit vier Zählern und einem Spiel weniger rangieren die grün-weißen Leutzscher auf Rang fünf. Beide Teams blieben in ihren jüngsten fünf Partien ungeschlagen und holten jeweils starke elf Punkte durch drei Siege und zwei Remis. Generell spiegelt sich das souveräne Auftreten der Rot-Weißen in der Statistik wider: Mit 36 erzielten Toren stellt Erfurt mit einem Tor hinter Energie Cottbus die zweitbeste Offensive der Liga, mit bisher 13 Gegentoren (im Schnitt 0,86 pro Spiel) gehört man auch defensiv zu den Top 3. Auch in der Auswärtstabelle nimmt Erfurt einen der vorderen Plätze ein. In sechs von sieben Auftritten auf fremdem Platz konnte „der RWE“ punkten, viermal sogar dreifach; lediglich ein Auswärtsspiel ging verloren (0:1 bei unserem Ortsrivalen). Insgesamt stehen zurzeit acht Partien in Folge ohne Niederlage zu Buche.
Effektiv, effizient, Erfurt? Personal und Performance unserer Gäste in Zahlen
Speziell der jüngste 6:2-Heimerfolg gegen den SV Babelsberg 03 Ende November, demonstrierte, warum der RWE aktuell dort steht, wo er steht: Mit geradlinig, souverän und konsequent vorgetragenen Angriffen spielten sich die Erfurter gegen ungeordnet wirkende Babelsberger ein ums andere Mal ins Angriffsdrittel. Ostsport.TV gab für die Partie sieben Torschüsse der Erfurter an, die den Männern von Trainer Fabian Gerber für sechs Treffer reichten. Ähnlich effizient präsentierten sich die Rot-Weißen in den Partien gegen den Vorjahresmeister aus Berlin (vier Tore aus sechs Schüssen aufs Tor) oder auch gegen Tennis Borussia (drei aus fünf). Gleich vier Spieler der Thüringer können nach 15 Spielen zehn oder mehr Torbeteiligungen vorweisen, also eine Torbeteiligung in umgerechnet zwei von drei Partien: Nazzareno Ciccarelli (vier Tore, sechs Vorlagen) und Romario Hajrulla (sechs Tore, fünf Vorlagen) brauchten für diese Topwerte sogar in nur 13 Auftritte. An der Spitze des internen Tableaus stehen allerdings die beiden bärenstark aufspielenden Außen Kay Seidemann und Artur Mergel, die zwölf beziehungsweise 14 Scorer in nur 15 Partien sammelten.
Die häufig durch gute Pässe in die Schnittstellen in Szene gesetzte Offensivreihe der Erfurter und deren Effizienz bedeuten für die Defensivreihen der Liga, so wenige Chancen zuzulassen wie möglich. Hinzu kommen die Erfurter Comeback-Qualitäten, etwa in den Partien gegen Hertha BSC II (2:1), Germania Halberstadt (1:1) oder den FC Energie Cottbus (2:2), in denen man nach Rückständen noch zu Punkten gelang.). Auch zehn Tore in der Schlussviertelstunde sind Ligaspitze. Doch es fällt auf: Wem es gelingt, in den Zweikämpfen die Oberhand zu behalten, hat eine Chance gegen den Tabellenzweiten – in allen nicht gewonnenen Spielen von Rot-Weiß hatten deren Gegner (mit Ausnahme von Luckenwalde) in dieser Schlüsselstatistik die Nase vorn.
Drei Punkte zum Start ins Fußballjahr: der Schlachtplan der Chemiker
Demnach dürfte auch die Marschroute für die Chemie-Elf ausgerichtet sein: Zugriff, Biss und Einsatz in den Zweikämpfen, Konsequenz und Koordination in Rückwärtsbewegung im Abwehrverhalten und vor allem – volle Konzentration bis zum Abpfiff. In Leutzsch weiß man, wer da am Mittwoch anreist und was es brauchen wird, um Zählbares hierzubehalten. In die Hände spielen wird den Chemikern hierbei, dass ihre berühmt-berüchtigte Heimstärke auch in der aktuellen Saison zum Tragen kommt: 16 Punkte aus sieben Spielen bei nur einer Niederlage – willkommen im Königreich Leutzsch!
Mit Rot-Weiß Erfurt erwartet die Grün-Weißen zum Ende der Winterpause eine Mammutaufgabe. Nicht vielen Teams ist es bisher gelungen, die Erfurter zu schlagen oder auch nur die Punkte mit ihnen zu teilen, doch: alles ist drin im Leipziger Westen. Im von Teammanager Daniel Heinze als sehr gelungen beschriebenen Wintertrainingslager im eichsfeldischen Teistungen konnten Mannschaft und Trainerteam unter Bedingungen zusammenarbeiten, die der reguläre Trainingsalltag sonst nicht zulässt. Mehrere Trainingseinheiten am Tag, viele produktive Gespräche zwischen Verantwortlichen und Mannschaft und eine weitere Schärfung des Teamgeists stimmen optimistisch. Nach einem 3:1 im Testspiel gegen Oberligist Freital ist man Anfang 2023 guter Dinge für alles, was da kommt. Es gilt jetzt, das in Teistungen Erarbeitete umzusetzen, um sich für das anstehende englische Programm (innerhalb von neun Tagen Erfurt, Babelsberg, Altglienicke) in der Regionalliga bereit zu machen. Die Chemie-Fans im Alfred-Kunze-Sportpark werden nach 57 Tagen Winterpause auch bei Temperaturen um den Gefrierpunkt heiß sein auf ihre BSG und die ersten drei Punkte im neuen Jahr. Ähnliches gilt natürlich auch für die bekanntlich ebenfalls reisefreudigen RWE-Fans im ausverkauften Gästeblock.
Zum 16. Spieltag der Regionalliga Nordost empfängt die BSG Chemie Leipzig am morgigen Mittwoch, 25. Januar 2023, um 19 Uhr den FC Rot-Weiß Erfurt im Alfred-Kunze-Sportpark. Die Partie steht unter der Leitung von Schiedsrichter Pascal Wien, assistieren werden ihm Christoph Beblik und Philipp Vierock. Das Spiel ist, bis auf ein fixes Kontingent von 150 Tickets, ausverkauft. Alle Chemie-Fans, die nicht vor Ort sein können, können wieder per Ticker und über unser Fanradio Fünfeck.FM in der App live dabei sein. Der MDR überträgt die Partie live in TV und Stream.
Winterpause adé – Forza, BSG!