Foto: Christian Donner
Gerade einmal drei Wochen nach der Begegnung im Sachsenpokal bietet sich für die BSG Chemie in der Liga schon die Chance, den Titel Derbysieger wieder nach Leutzsch zu holen. Die Stimmung im Leipziger Westen könnte, spätestens seit dem emotionalen 1:0-Erfolg gegen den FC Carl Zeiss, für den Moment kaum besser sein: Fünf Siege in Folge, davon drei ohne Gegentor: von Tabellenplatz drei aus geht es in Leutzsch mit voller Konzentration in den Derbymodus. Der Ball rollt in Leipzig: Zum 9. Spieltag der Regionalliga Nordost gastiert die BSG Chemie Leipzig am morgigen Sonntag, 16. Oktober 2022, um 16 Uhr zur 108. Auflage des Leipziger Derbys beim 1. FC Lokomotive Leipzig im Bruno-Plache-Stadion in Leipzig-Probstheida.
Ein Derby kennt bekanntlich keine Favoriten, dieses kommende ist da keine Ausnahme. Beide Teams werden, wie gewohnt, alles geben und alles auf dem Platz lassen. Demnach können oft Kleinigkeiten den Ausschlag geben und darüber entscheiden, welches Team am Ende die Nase vorn hat und den Sieg nach Hause bringen kann. Beweis genug dafür war das Duell im Sachsenpokal vor wenigen Wochen, als nach 120 Minuten Kampf auf Augenhöhe kein Sieger gefunden werden konnte und das Elfmeterschießen die Entscheidung bringen musste. Über die reguläre Spielzeit und auch in den 30 Minuten Verlängerung hätte das Spiel an beide Seiten fallen können und auch in diesem anstehenden Derby dürfte sich der Spielverlauf so oder so ähnlich gestalten – sollte nicht eine Komponente das Zünglein an der Waage darstellen.
Beispielsweise die Offensive der Gastgeber: Der Angriff dürfte für den Trainer des 1. FC Lokomotive, Almedin Civa, die akuteste Problemzone vor dem anstehenden Stadtduell darstellen. Mittelstürmer Djamal Ziane, aktuell von einem Infekt ins Lazarett verwiesen, wird aller Voraussicht nach nicht rechtzeitig bis zum Wochenende fit werden und das 108. Leipziger Derby als Zuschauer miterleben müssen. Der 30jährige Topscorer der Loksche trug auch in der aktuellen Spielzeit mit vier Toren und drei Vorlagen in sieben Partien die Torausbeute der Blau-Gelben voran. Bisher stellt der 1. FC Lokomotive mit 16 Treffern (gleichauf mit Rot-Weiß Erfurt) die zweitbeste Offensivabteilung der Liga, lediglich der Volkssportgemeinschaft aus Altglienicke gelang ein Treffer mehr. An sechs dieser Treffer war Osman Atilgan direkt beteiligt, viermal davon traf er selbst. Durch eine „Ampelkarte“ beim letzten Spiel gegen Cottbus wird er jedoch bei der anstehenden Partie nur zusehen können. Für Benjamin Bellot und seine Männer heißt dies, dass sie neue oder andere Gesichter im Strafraum zu sehen bekommen werden. Für Almedin Civa und die Seinen bedeutet dies, dass man im Duell mit dem Stadtrivalen zwei Spieler ersetzen muss, die bisher für fast 40 Prozent aller Tore verantwortlich waren. Auf der anderen Seite wäre da natürlich aber auch die Heimstärke im Leipziger Südosten: Zuhause im Bruno-Plache-Stadion gaben die Blau-Gelben bisher noch kein Spiel verloren, drei davon entschieden sie für sich. Auch der sehr späte Erfolg im Duell mit Rot-Weiß Erfurt in der vergangenen Woche, als Bogdan Rangelov in der 89. Minute nach einer druckvollen Schlussoffensive zum Sieg traf, könnte durch die heimische Kulisse ins Ziel getragen worden sein.
Die Prognose dürfte demnach auch für dieses Stadtderby sein: Zwei hochkonzentrierte Mannschaften im prestigeträchtigsten Spiel des Jahres, in dem jeder gewinnen und keiner den ersten Fehler machen will, Kampf bei hoher Intensität, bei dem sich nichts geschenkt und nichts verziehen wird – bis am Ende eine Seite womöglich doch das kleine bisschen mehr Glück hat.
Glück? Glücklich ist man zurzeit im Leutzscher Holz, durchaus, doch das, was Trainerstab und Mannschaft in dieser Spielzeit auf den Platz bringen – und sich dabei endlich auch auf dem Punktekonto und mit Erfolgserlebnissen für ihre Mühe belohnen, beileibe keine Selbstverständlichkeit in Leutzsch – ist nicht das Ergebnis einer Glückssträhne, sondern toller, engagierter und einfach guter Arbeit bei den Spielern und den Männern rund um Miroslav Jagatic. War zu Beginn der Saison noch wenig klar, wie beispielsweise die Qualität von Tarik Reinhard im Mittelfeldzentrum adäquat ersetzt werden sollte (an dieser Stelle nur die besten Genesungswünsche an unsere Verletzten, Tarik Reinhard und Mateo Andačić!) und auch die Lösungsversuche in Phasen eher ausnahmsweise funktionierten, scheint die Formation, in der Chemie jüngst aufläuft, zu passen wie Flutlicht auf Sportpark: Alexander Bury und Dennis Mast stellen in einem aus einer Dreier- beziehungsweise Fünferkette agierenden System die Doppelsechs dar, ordnen, fordern und verteilen Bälle, treiben das Spiel voran. Speziell Dennis Mast ist hier hervorzuheben, dessen Aktionsradius in jeder Partie das komplette Spielfeld ist und dessen Nummer 10 überall zu sehen ist. Hinten sorgen in der Dreierkette im Abwehrzentrum Freistoßexperte Philipp Harant und zu seiner Linken beziehungsweise Rechten Ben Keßler und Philipp Wendt für Stabilität und Sicherheit. Gerade Philipp Wendt, der gegen Carl Zeiss auf den Platz zurückkehrte und für den angeschlagenen Paul Horschig in die Startelf rückte, stellte durch seine Leistung und seine Rettungstaten seinen enormen Mehrwert für das Team unter Beweis. Und auch Benjamin Bellot präsentiert sich momentan als einer der besten Keeper der Liga. Dazu trafen schon vier unterschiedliche Spieler der BSG Chemie per direktem Freistoß innerhalb der ersten acht Spieltage, die Neuzugänge sind mehr als nur gut angekommen im Leutzscher Holz und bei Chemie und die BSG grüßt von Platz drei der Tabelle der Regionalliga Nordost: Auch, wenn das nur eine Momentaufnahme sein sollte – diesen Schnappschuss rahmt man sich doch gerne ein.
Zum 9. Spieltag der Saison 2022/23 in der Regionalliga Nordost und zur 108. Auflage des Leipziger Derbys gastiert die BSG Chemie Leipzig am morgigen Sonntag, 16. Oktober 2022, um 16 Uhr beim 1. FC Lokomotive im Bruno-Plache-Stadion in Probstheida. Die Partie steht unter der Leitung von Schiedsrichter Eugen Ostrin (FC Eisenach), als seine Assistenten fungieren Matthias Lämmchen (ZFC Meuselwitz) und Chris Rauschenberg (SG Jessetal Wenigenlupnitz). In der folgenden Woche geht es für die BSG Chemie Leipzig zuhause gegen die Zweitvertretung der Berliner Hertha (Sonnabend, 22. Oktober 2022, 13 Uhr im Alfred-Kunze-Sportpark) weiter. Der Mitteldeutsche Rundfunk MDR übertragt die Partie bei Sport im Osten live im TV und im Stream. Darüber hinaus sind unser App-Ticker und unser Fanradio Fünfeck.FM für euch vor Ort und berichten live von der Begegnung.
Das nächste Derby ist immer das wichtigste, also: Forza, BSG!
kiro