Foto: Christian Donner / Chemie Leipzig
Anlässlich des am kommenden Sonntag, 7. August 2022, um 13 Uhr auswärts gegen den SV Babelsberg 03 anstehenden Saisonauftakts stellten sich am vergangenen Dienstag, 2. August 2022, unser Cheftrainer Miroslav Jagatic, unser neuer Kapitän Benjamin Bellot und Uwe Thomas als weiterer Vertreter der sportlichen Leitung der BSG Chemie den Fragen der Presse. Diese neue Saison, die bereits jetzt durch einen neuen Rekord beim Dauerkartenverkauf – die grün-weiße Schallmauer von 1964 Dauerkarten wurde bereits vor Saisonstart durchbrochen – unter einem guten Stern zu stehen scheint, wurde im ersten Teil der Pressekonferenz von den auf und neben dem Feld sportlich Verantwortlichen der BSG beleuchtet und eingeordnet.
Unter der Leitung und Moderation unseres Mediensprechers René Jacobi gingen die ersten Fragen der Presserunde an Cheftrainer Miroslav Jagatic, der mit seinen Einschätzungen die vergangene Sommerpause und Vorbereitung der Mannschaft Revue passieren ließ und diese Phase in einen geeigneten Kontext. „Das wird eine verrückte Saison mit hammerstarken Mannschaften und ohne einen klaren Favoriten. Diese 18 Mannschaften können alle Fußballspielen und die kommende Saison wird sportlich alles andere als einfach“ so der Cheftrainer. Die – nach dem Verbleib des BFC Dynamo und der Rückkehr der Viktoria aus Berlin in die Staffel – wieder auf 18 Mannschaften reduzierte Regionalliga Nordost, in die aus den Oberligen der Greifswalder FC und die Rot-Weißen aus der thüringischen Landeshauptstadt dazugestoßen sind, wird in der Saison 2022/23 eine noch höhere Konzentration an Qualität aufweisen als bereits in der Vorsaison.
Auch der Umbruch, der Generationenwechsel, die Wachablösung, welche sich zurzeit im Kader der BSG Chemie Leipzig vollzieht, war selbstverständlich Thema im Gespräch mit der Öffentlichkeit. „Es war schon ein bisschen seltsam, festzustellen, dass Benny Schmidt und ich nun die Ältesten im Kader sind,“ äußerte sich Benjamin Bellot schmunzelnd über die sich in einem Verjüngungsprozess befindende chemische Elf. Mit dem Wegfall von unter anderem Leit- und Identifikationsfigur Capitano Karau (Karriereende und Wechsel ins Team von Miroslav Jagatic als Co-Trainer), alten Veteranen wie Benjamin Boltze (nach kurzer Fußballerrente wieder für den SSV Markranstädt auf dem Platz) oder auch in der vergangenen Saison vom Pech Verfolgten wie Stürmer Stephané Mvibudulu (keine Vertragsverlängerung) tun sich auf dem Platz und in der Kabine freie Stellen im Mannschaftsgefüge der BSG auf, die gefüllt werden wollen. „Jetzt sind die Spieler gefordert, Verantwortung zu übernehmen. Mit Stefan Karau, Benny Boltze oder auch Andy Wendschuch gab es klare Leader mit der nötigen Erfahrung, gezwungenermaßen müssen nun andere in die Bresche springen,“ so Bellot. Charaktere, die zu diesen Rollen passen beziehungsweise diese Rollen gut ausfüllen könnten, kristallineren sich nach Angaben des Kapitäns auch bereits schon heraus. Wichtig sei es, mit Leistung voranzugehen und sich das nötige Standing im Kader zu erarbeiten, „eine große Klappe alleine reicht bei uns dafür nicht.“ Er selbst, der mit seiner Wahl zum neuen Spielführer der BSG Chemie (mit Alexander Bury als seinem Stellvertreter) ebenfalls eine neue Rolle auszufüllen hat, nehme diese neue Herausforderung gerne an und drückte seine große Dankbarkeit für das Vertrauen der Spieler und Trainer aus, ist sich aber auch des Vakuums bewusst, welches er nach dem Abgang des Capitano als aktivem Chemiker auf dem Feld zu füllen hat und strich dessen herausragende Bedeutung für Verein und Team nochmals heraus: „Es sind große Fußstapfen, eine besondere Situation aber auch eine ebenso große Ehre für mich.“ Und zu seinem Vorgänger Stefan Karau? „Keiner – keiner! – hatte dieses Brennen im Herzen und in den Augen, wenn es auf den Platz ging, zuhause wie auswärts. Stefan Karau ist der absolute Jackpot für jeden Verein und jedes Trainerteam.“ Miroslav Jagatic pflichtete ihm hier vollumfänglich bei und betonte, dass Stefan Karau für seine Rolle als Co-Trainer nach über drei Jahren gemeinsamer Arbeit auch sehr gut wisse, wie das Trainerteam und dessen Arbeit funktioniert, wisse, wie die Abläufe sind und ein nicht zu überschätzendes, wichtiges neues Bindeglied zwischen Mannschaft und Trainerteam darstellt.
Uwe Thomas, als jahrzehntelanges Mitglied der BSG Chemie, langjähriger Unterstützer und seit dem vergangenen Jahr (als Teil der Quadriga-Lösung) auch Teil der sportlichen Leitung der BSG Chemie, schloss sich seinen Vorrednern an: „Wenn man für Chemie arbeiten darf, ist das eine Auszeichnung.“ Hierunter fallen selbstredend auch die Neuzugänge (wie auch einige etablierte Vertragsverlängerer), welche neuerdings alle mit Zwei- statt Einjahresverträgen ausgestattet werden konnten. „Wir als BSG Chemie haben nun auch begehrte Spieler, umworbene Spieler für uns gewinnen können und wünschen uns natürlich auch eine langfristige Arbeit mit den Spielern,“ so Thomas, „andere Vereine können im Zweifelsfall die Schatulle aufmachen und so Spieler zu sich locken, wohingegen wir durch unsere Arbeit, durch unseren geilen Verein neuen Spielern eine andere Art von Perspektive anbieten.“ Angesprochen auf den sich vollziehenden Umbruch und die Veränderungen, die bei der und für die BSG Chemie auf dem Programm anstehen, gab Uwe Thomas klar zu verstehen, dass man einerseits voll im Plan und Soll dessen liege, was man sich vorgenommen hat – nicht, ohne vor dem Bauen von Luftschlössern zu warnen – und andererseits der Verein stets zweigleisig wachsen müsse: Sowohl im Fußballspiel als auch infrastrukturell im Alfred-Kunze-Sportpark, dem Leutzscher Kleinod. Seine Einschöätzungen und Wünsche für die kommende Spielzeit? „Umbrüche finden sich viele in dieser Liga, denken wir da nur mal an Jena oder Chemnitz. Mit Viktoria Berlin ist ein sehr starker Absteiger dazu gekommen und mit dem Greifswalder FC ein unberechenbarer Neuling – ich will so schnell wie möglich auf 40 Punkte kommen und den Klassenerhalt sicherstellen. Alles, was danach kommt, ist Bonus – über den ich mich sehr freuen werde.“
Mahnende Worte vor einer auf und neben dem Platz für viele Clubs schwierigen Saison prägten auch die Aussagen von Miroslav Jagatic. „Jeder von uns, jeder Einzelne, ob in der Liga oder privat, wird mit den Kriegen und Krisen auf der ganzen Welt jeden Tag zu kämpfen haben – daran denken viele Leute noch nicht. Das wird eine ganz, ganz brutale Saison und auch eine finanziell schwere Aufgabe für viele Vereine in der Regionalliga Nordost. Wir befinden uns aber auf dem richtigen Weg und im richtigen Fahrwasser und werden diese Prozesse, wenn möglich, ohne den ganz großen Stress und Druck angehen.“ Speziell betonte der Cheftrainer, dass nicht nur alleine die sportliche Performance auf dem Platz in dieser Saison für den Erfolg der Clubs verantwortlich sein wird, vielmehr sieht er mit den gestiegenen Kosten für so viele für die Durchführung einer Regionalligasaison notwendigen Faktoren eine Mammutaufgabe auf viele Vereine der Staffel und darüber hinaus zukommen, deren Folgen noch nicht absehbar sind.
Auch in der Kommunikation seiner Saisonziele blieb sich Jagatic treu und verwies darauf, dass es von mangelndem Respekt zeuge, in seiner Position die Arbeit anderer in der Zukunft vorauszusagen: „Natürlich gibt es für die ein oder andere Mannschaft eine Tendenz, wo die Reise hingehen dürfte oder könnte, doch auch für unser Team möchte ich mich da zurückhalten, nach zehn Spieltagen kann man da eventuell auch mehr sagen. Für mich gibt es jedoch in dieser Saison keinen klaren Favoriten,“ so Jagatic. Kapitän Benjamin Bellot gab sich, angesprochen auf seine Ambitionen in der neuen Spielzeit, sowohl selbstkritisch als auch kämpferisch: „Ich würde mir wünschen, dass wir diese bombenfeste defensive Stabilität, die uns immer, aber speziell vor zwei, drei Jahren ausgemacht hat, wieder finden und etablieren,“ so der Spielführer, der im gleichen Satz auch direkt drei wacklige Situationen seinerseits in der Vorsaison ansprach. „Natürlich knabbert man ein paar Tage nach so einem Spiel noch an der eigenen Leistung. Eine Unkonzentriertheit, eine Leichtsinnigkeit ist als Torhüter natürlich häufig mit einem Gegentor verbunden, doch die Jungs haben sich reingeworfen und zuhause gegen den BFC noch einen Punkt geholt sowie gegen Lok und Jena die Spiele sogar noch gedreht,“ stellte Benny Bellot heraus. Seine Saisonziele für die BSG Chemie als Team und Verein erläuterte Bellot in drei einfach zu merkenden Stichpunkten: „So schnell wie möglich 40 Punkte, beide Derbys gewinnen und den Sachsenpokal holen.“
Ausführlicher wurden gerade Bellot und Jagatic dann auch noch im Hinblick auf den Saisonauftakt am Sonntag in Babelsberg. Bezüglich der Startaufstellung von Chemie – welche in der Vorsaison durch das pandemische Geschehen manchmal einfacher war, als man sich gewünscht hätte –, gerade bei einem solchen qualitativen Zuwachs im Kader betonte Miroslav Jagatic die Arbeit an der eigenen Variabilität und Unberechenbarkeit: „Die Mannschaft stellt sich leider nicht von alleine auf, da verbringt man Tage und Wochen mit dem Grübeln, nur damit am Tag vor dem Match wieder bei irgendjemandem irgendetwas ist: Es kommt immer anders als man denkt, und im Fußball brauchst du immer einen Plan A, B und C.“ Dies lasse sich auch auf die Frage anwenden, in welcher Art und Weise die BSG Fußball spielen will, ob mit einem stärkeren Fokus auf Ballbesitzfußball oder das gewissermaßen bewährte Umschaltspiel von Chemie: „Wir suchen uns die Spieler natürlich auch passend aus und wir haben viele Jungs, die einen sehr guten Ball spielen. Aber Fußball ist auch Ergebnissport und wir in einer knallharten Liga: Wie wir uns als Verein weiterentwickeln, so entwickeln wir uns auch als Mannschaft weiter.“ Für Babelsberg prognostizierten sowohl Trainer als auch Kapitän einen Hexenkessel: „Es ist wichtig für uns, dass wir jetzt aus dem Vorbereitungsmodus sofort in die Saison finden. Natürlich fangen wir in Babelsberg in einer krass aufgeheizten Atmosphäre an, beide Fanlager sind für ihren heißen Support bekannt und bei jetzt schon über 1 000 verkauften Auswärtstickets an unsere Fans dürfen wir uns auf ein geiles Stadion und eine geile Atmosphäre gefasst machen,“ so Benjamin Bellot. Gerade in Bezug auf die „wilden, verrückten“ Fans neben dem Platz pflichtete ihm sein Cheftrainer bei, ließ jedoch auch seine eigenen Beobachtungen unter anderem vom 3:2-Sieg der Babelsberger gegen die Zweitvertretung des FC St. Pauli einfließen: „Babelsberg wird eine richtig gute Rolle diese Saison spielen. Sie spielen unter ihrem neuen Trainer einen ganz anderen Fußball als in der Vergangenheit, meistens aus dem 4-3-3, haben sich gut verstärkt und auch beispielsweise Daniel Frahn hat Markus Tschiesche stark ins neue System eingebunden.“ Für die Begegnung am Wochenende will Miroslav Jagatic allerdings auch nicht zu viel versprechen und sieht ein Aufeinandertreffen zweier Mannschaften auf Augenhöhe: „Was ich von Babelsberg in der Vorbereitung gesehen habe, war schon geil anzusehen. Aber gerade wir wissen, was alles möglich ist, was die letzten zehn Spielminuten bei uns im AKS ausmachen können, wenn unser 12. Mann alles raushaut – doch die Wahrheit liegt immer auf dem Platz.“