Foto: Christian Donner
Das furiose Pokalhalbfinale des vergangenen Donnerstags dürfte so einigen Chemiker:innen noch in den Knochen und den Stimmbändern hängen – kein Wunder bei weit über 120 Minuten frenetischem Support vom Norddamm und allen anderen Ecken und Geraden des schönsten Stadions der Welt. Doch nach der Ekstase und Euphorie des Flutlichtkrachers geht es schnurstracks zurück in den Ligaalltag und der nächste Gegner in rot und weiß gibt sich im Leutzscher Holz die Ehre. Über weite Phasen der Saison galt unser kommender Gegner als klarer Aufstiegsanwärter, bis Störfaktoren wie Corona-Infektionen und ein kurzfristiger und nicht recht eingeplanter Trainerwechsel zur Mitte der Saison den Favoriten aus Moabit ins Straucheln brachten. Zum 35. Spieltag der Regionalliga Nordost empfängt die BSG Chemie Leipzig den Berliner AK am Sonntag, 24. April 2022, um 13 Uhr im Alfred-Kunze-Sportpark zu Leipzig-Leutzsch.
Vom Spitzenreiter, der den Anschluss verlor: Der Berliner AK im Frühjahr 2022
Als die BSG Chemie und der Athletik Klub aus Berlin zuletzt aufeinander trafen, spielte die Elf aus Leutzsch, an Position zehn der Tabelle der Regionalliga Nordost, beim damaligen Spitzenreiter der Staffel. Neun Plätze betrug der Unterschied in der Tabellenkonstellation am 16. Spieltag: Eine Halbserie, eine Winterpause, beinahe genau sechs Monate später, ist dieser Unterschied auf lediglich zwei Plätze und von 16 auf zehn Punkte zusammengeschmolzen. Doch im Gegensatz zur BSG Chemie, die in der Zwischenzeit „nur“ einen Rang in der Tabelle gutgemacht hat, musste sich der BAK seither von der Tabellenführung verabschieden – und das auf Dauer. Was war der Auslöser?
Zuallererst muss man den Wechsel auf der Trainerbank in Betracht ziehen. In einem durch den Halleschen FC angestoßenen Trainerkarussell, das von der 3. Liga in die Regionalliga Nordost hineinwirkte, endete die Amtszeit von BAK-Coach André Meyer im Dezember vergangenen Jahres nach gut anderthalb Jahren. Gegen eine Ablösesumme von 20.000 Euro wechselte der Trainer zum Drittligisten aus Halle, woraufhin der BAK Benjamin Duda von Germania Halberstadt an die Spree holte. Meyer hinterließ bei seinem Abgang aus Berlin mit einem bärenstarken Punkteschnitt von 2,07 Punkten pro Spiel (über die volle Dauer seiner Amtszeit) große Fußstapfen für seinen Nachfolger.
Diese zu füllen gelang Neu-Coach Benjamin Duda allerdings eher ausnahmsweise: Aus im Berliner Pokal gegen die Ligakonkurrenz aus Altglienicke mit 1:4 auf eigenem Platz, ein Februar und März zum Vergessen, der endgültige Abschied nicht nur von der Spitzen-, sondern auch von deren Verfolgergruppe sowie ein um 0,8 Punkte pro Spiel schlechterer Schnitt sind bisher wenig überzeugende Argumente gewesen. In den gesamten Kalendermonaten Februar und März gelang dem BAK ein einziger Sieg, ein eher schmeichelhaftes 1:0 gegen den FC Eilenburg am 28. Spieltag. Von den in diesem Zeitraum gespielten neun Partien gingen allerdings ganze sechs verloren: Das angesprochene, erschreckend schwache Pokalaus gegen Altglienicke stellte sich als pompöser Schlussakkord einer Negativserie heraus, die mit einem Unentschieden im Vogtland begann und in deren Verlauf die Rot-Weißen mit Ausnahme des BFC gegen jedes Team aus den Top 6 verloren. Das wiederum hatte zur Folge, dass man regelrecht durchgereicht wurde und aus eben diesen Top 6 dauerhaft herausgefallen ist.
Frühling in Moabit: Die aktuelle Form und die Bilanz gegen die BSG
Die Sonnenstrahlen des April scheinen den Männern vom BAK jedoch gut getan zu haben und man konsolidierte sich mit acht Punkten aus den vergangenen vier Partien, von denen man keine verlor. Im jüngsten Duell mit einer stark aufspielenden Zweitvertretung der Berliner Hertha sicherte man sich dank Doppelpacker Abu Bakarr Kargbo, der seine Saisontore acht und neun markierte, durch einen Ausgleich in den Schlussminuten einen Punkt zuhause. Gleich noch ein Tor mehr gelang ihm am vorgegangenen Spieltag, als man den Stadtrivalen aus Lichtenberg mit 1:5 deklassierte und das Sturmduo aus Kargbo und El-Jindaoui zeigte, was es kann. Die Pflichtaufgabe bei Tabellenschlusslicht Tasmania erledigte man Anfang April mit einem Sieg, wohingegen die Rot-Weißen die Führung gegen Babelsberg 03 nicht in dieser Art und Weise hätten aus der Hand geben müssen. Unter dem Strich hat jedoch wieder etwas bessere Stimmung im Poststadion Einzug gehalten.
Das Hinspiel gegen die BSG Chemie in Berlin-Moabit im Oktober ging mit 3:0 an den damaligen Spitzenreiter der Liga, der gegen eine stark mit- und dagegen haltende BSG aus Leipzig erst in der Schlussviertelstunde den Deckel auf die Partie machte. Der BAK ging durch ein Tor von Joel Richter in der 73. Minute in Führung, der Doppelschlag des eingewechselten Kwabe Schulz und Panzu Ernesto in Spielminute 85 und 87 sorgte für klare Verhältnisse. Ein durchaus verdienter Sieg der Berliner, der eventuell ein Tor zu hoch ausgefallen ist.
Insgesamt fünf Mal standen sich die beiden Mannschaften in der Regionalliga Nordost gegenüber. Bisher hat der Berliner AK mit zwei Siegen die Nase vorn, zwei Mal trennte man sich remis. Der letzte Sieg der Elf aus Leutzsch war in der Saison 2017/18, am 22. April siegten die Grün-Weißen durch Tore von Alexander Bury und Florian Schmidt mit 2:0 im Alfred-Kunze-Sportpark. Das heißt also, dass wir immer, wenn wir den Berliner AK im Leutzscher Holz besiegen konnten, am Ende der Saison den Sachsenpokal geholt haben – ein Schelm, wer grün-weißes dabei denkt.
Nach dem Pokalkracher ist vor dem Derby: Die Form der BSG und die Partie am Sonntag
Diese Elf aus Leutzsch präsentiert sich seit Wochen in bestechender Form: Acht Pflichtspiele in Folge ohne Niederlage, darunter starke kämpferische Leistungen wie beim 1:1 gegen den Tabellenführer, darunter beeindruckende und berauschende Siege wie gegen Jena, Comeback-Chemie wie gegen Auerbach oder natürlich die pure grün-weiße Magie wie im unglaublichen Pokalhalbfinale am vergangenen Donnerstag, das im Elfmeterschießen gegen den Drittligisten aus Zwickau bei Flutlicht im ausverkauften Kunze-Sportpark gewonnen wurde.
Nur fünf Mal musste Benjamin Bellot in den vergangenen fünf Partien hinter sich greifen, dafür traf die chemische Offensive neun Mal ins gegnerische Tor. Darüber hinaus blieb man von schlimmeren Verletzungen und Sperren weitestgehend verschont und die Rückkehrer im Kader finden immer besser zurück zu alter Stärke. Nach dem Spiel gegen den BAK folgt für die BSG Chemie das Spiel bei der VSG Altglienicke am kommenden Freitag, bevor in der Folgewoche das Leipziger Derby ins Haus steht – der höchste Feiertag im chemischen Jahr.
Die BSG Chemie Leipzig empfängt den Berliner Athletik Klub am Sonntag, 24. April 2022, um 13 Uhr im Alfred-Kunze-Sportpark. Die Partie zum 36. Spieltag der Regionalliga Nordost steht unter der Leitung von Schiedsrichter Oliver Lossius von Eintracht Sondershausen. Allen Chemiker:innen, die ich den Weg ins Leutzscher Holz antreten können, sei wie immer unser Live-Ticker und unser Fanradio Fünfeck.FM, beides unkompliziert zu erreichen über die App der BSG Chemie, wärmstens ans Herz gelegt. Acht Spiele in Folge ungeschlagen – jetzt machen wir noch eben alle Neune draus! Forza, BSG!
kiro