Foto: Christian Donner
Zwei Siege. Zwei Mal 90 Minuten plus x braucht es noch – nur noch? – für die BSG Chemie Leipzig, um den Sachsenpokal in den Leipziger Westen zu holen. Doch zwei Siege bedeuten auch gleichzeitig zwei Gegner, die es zu bezwingen gilt – der erste von hoffentlich zweien ist der Drittligist FSV Zwickau. Doch eins nach dem andern: Die nächste Hürde auf dem Weg ins grün-weißen Glück ist das Halbfinale im Wernesgrüner Sachsenpokal. Den Männern vom FSV wird allein Motivation genug sein, dass die Zwickauer bislang noch nie den Landespokal im Freistaat gewinnen konnten, den Chemikern hingegen, dass sie genau das bereits getan haben – und heiß darauf sind, dieses Feeling wieder zu erfahren. Dazu empfängt die chemische Elf die Schwanenstädter in der Runde der letzten vier des Wernesgrüner Sachsenpokals um 19 Uhr im Alfred-Kunze-Sportpark zu Leipzig-Leutzsch.
Klassenerhalt sicher, der Pokal als Ziel: Der FSV Zwickau in der aktuellen Saison
Zur großen Freude und Erleichterung in Zwickau konnte der FSV in der zurückliegenden Woche bereits den Klassenerhalt eintüten und spielt auch in der kommenden Saison für ein weiteres Jahr in der dritthöchsten deutschen Spielklasse. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Männer von Joe Enochs nun ihre gesamte Energie und Konzentration auf die erste Trophäe im Sachsenpokal lenken können. Darüber hinaus scheint sich die Vertragsverlängerung mit Enochs – der Osnabrücker Vereinslegende mit kalifornischen Wurzeln, die nun bereits seit vier Jahren die Geschicke der Schwanenstädter leitet und jedes Jahr die Klasse halten konnte – in diesen Tagen anzubahnen. Die sportliche Leitung kann offensichtlich zufrieden sein mit der Zusammenarbeit und der Leistung des US-Amerikaners an der Seitenlinie und man will (Gespräche zwischen den Beteiligten laufen bereits) sehr gerne auch in die neue Saison mit Enochs als Cheftrainer gehen.
Fünf Spieltage vor Saisonende bereits sicher die Klasse gehalten zu haben, zwei Saisons in Folge im absolut gesicherten Mittelfeld die letzten Spieltage angehen zu können und vor allem nicht bis zur letzten Sekunde zittern zu müssen (wie in der Spielzeit 2019/20, als ein einiges Tor über Wohl oder Wehe im Abstiegskampf zugunsten des FSV entschied) – dagegen hat man in Zwickau bestimmt auch im kommenden Jahr nichts einzuwenden. Man wird in der nächsten Spielzeit in sein siebtes Jahr in der 3. Liga gehen, was definitiv weit mehr als ein Achtungserfolg ist für einen Verein, der in seiner Liga (nicht ganz unähnlich der BSG Chemie) jedes Jahr als absolut wichtigstes Saisonziel den Klassenerhalt sieht.
Der Weg des FSV Zwickau ins Halbfinale des Wernesgrüner Sachsenpokals – als Drittligist steigt man in der dritten Runde des Pokals in das Turnier ein, demnach bestreitet der FSV gegen die BSG Chemie erst das vierte Pokalspiel – führte in dieser Saison über die Stationen FC International Leipzig (1:3), Einheit Kamenz (0:5) und die Kickers Markkleeberg (0:5). Diese drei Teams können, so ehrlich sollte man sein, nicht als Gradmesser für einen solide spielenden Drittligisten gewertet werden, die Grün-Weißen aus Leutzsch werden hier sicherlich anders dagegenzuhalten wissen. Der Pokal hat ja bekanntlich seine eigenen Gesetze. Beispielsweise treffen wir von der BSG Chemie nun zum dritten Mal innerhalb von fünf Jahren auf die Rot-Weißen – auf dem Weg zum Titel 2017/18 begegnete man sich im Achtelfinale und wie die Geschichte endete, das weiß ein jedes Kind. In der vergangenen Spielzeit traf man im Viertelfinale aufeinander, was die Zwickauer im Alfred-Kunze-Sportpark durch ein Tor von Felix Drinkuth mit 0:1 für sich entscheiden konnten. Für die Zwickauer hingegen ging noch keine einzige ihrer fünf Finalteilnahmen glücklich aus und man verließ stets als Verlierer den Platz des Endspiels: 2001, 2002, 2015, 2016 und 2019.
Dies möchte man natürlich tunlichst ändern. Als bester Torschütze der Zwickauer im Turnier tat sich in dieser Saison Lars Lokotsch mit drei Treffern hervor, bester Vorbereiter ist der vom FC Porto B (gewissermaßen die zweite Mannschaft des portugiesischen Clubs) ausgeliehene, 20jährige US-Amerikaner Johan Gómez. Diesen sollte die chemische Defensive nicht zu leicht aus den Augen lassen: Mit fünf Treffern in der Liga ist er einer der besten Torschützen des Teams – das zwischenzeitlich in dieser Saison auch durch Sparsamkeit vor gegnerischem Kasten glänzte – und wird hier nur von Dominic Baumann mit neun Treffern überboten. Auch die Nummer 31 des FSV Zwickau wird besondere Aufmerksamkeit benötigen am Donnerstagabend; Patrick Göbel bereitete in dieser Saison bereits zehn Treffer vor und ist bei Standards hoch gefährlich.
Erst seit dem Wintertransferfenster mit an Bord sind an der Mulde Anthony Syhre, zeitweilig beim Halleschen FC aktiv und nach einem halben Jahr ohne Verein für das defensive Mittelfeld des FSV vorgesehen; sowie der von Coventry City aus der englischen Championship ausgeliehene gebürtige Leipziger Marcel Hilßner. Hilßner ist auf der rechten Offensivseite zuhause, hat bis zur U19 alle U-Nationalmannschaften des DFB durchlaufen und kam für den FSV auch schon im Viertelfinale gegen Markkleeberg über die volle Distanz auf dem Platz.
Neuer Kader, alte Helden: Die jüngere Leutzscher Pokalhistorie und der FSV
Auf den Tag genau drei Jahre und elf Monate wird es am kommenden Donnerstag, 21. April 2022, her sein, dass die Grün-Weißen dank Alexander Bury den Sachsenpokal in den Leutzscher Himmel recken durften. Eine Menge ist geschehen im Kader von Chemie, eine Menge Bewegung in Verein und Umfeld, immer begleitet von der mitschwingenden grün-weißen Magie, versteht sich. Ein anderer Trainer saß auf der Bank und nur noch eine Handvoll der Akteure von damals steht heute noch für Chemie auf oder neben dem Feld – einen ganz besonderen davon verabschieden wir in der kommenden Woche. Dazu zählen neben dem offensichtlichen Bury unter anderem Philipp Wendt und Manuel Wajer, dass der „Capitano“ Stefan Karau ebenfalls zum Endspiel die Mannschaft ins Feld führte, versteht sich von selbst. Seinerzeit ging die BSG durch zwei frühe Tore von Alexander Bury und Rintaro Yajima in Führung. Diese war durch einen Doppelpack von Ronny König, nach wie vor im Kader der Zwickauer, in der 22. Minute schon wieder zunichte – Sebastian Hey erhöhte in Hälfte zwei auf 3:2, ehe Manuel Wajer für die Leutzscher Elf in der 90. Minute den Deckel drauf machte.
Das jüngste Aufeinandertreffen aus dem vergangenen Sommer muss aus chemischer Sicht allerdings als Standortbestimmung vor Saisonstart eingeordnet werden. Nach 45 Minuten lag man mit 0:4 auf eigenem Platz hinten, am Ende prangte der Stand von 1:7 auf der Anzeigetafel des Kunze-Sportparks. Zwickau war an diesem Sommerabend einfach die sprichwörtliche Klasse besser. Auch Trotz der Erinnerung an diese Niederlage ist nicht aller Tage Abend: Ja, der FSV Zwickau spielt eine Klasse höher. Ja, nicht ohne Grund spielt man seit sieben Jahren in der 3. Liga und steht dort im gesicherten Mittelfeld. Und ja, seit acht Pflichtspielen sind die Zwickauer ungeschlagen, die letzte Niederlage war ein 1:3 gegen den VfL Osnabrück im März dieses Jahres.
Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass der FSV mit nur 38 Toren in 33 Spielen zu den harmlosesten Offensiven der Staffel gehört. Abgesehen von den Pokalduellen gegen unterklassige Gegner erzielte man lediglich in drei Saisonspielen mehr als zwei eigene Tore. Ebenso gelang es in zwei langen Phasen der Spielzeit, neun Wochen direkt zu Saisonbeginn und fünf im Frühjahr 2022, über viele Spieltage nicht, die Wende einzuleiten, was ein Indiz dafür sein könnte, dass der FSV dann anfällig sein könnte: Dass es nicht läuft, wenn es nicht läuft, könnte der BSG in die Karten spielen, wenn sie mit Kampf und Biss und Pokalmotivation den Schwanenstädtern das Fußballspielen so unangenehm wie möglich machen kann. Welche Qualität unsere Elf besitzt, beweist sie Woche für Woche und in den vergangenen sechs Spielen musste man kein einziges Mal das Feld als Verlierer verlassen. Man darf sich freuen auf einen großartigen Abend im Sachsenpokal im Leipziger Westen: Zwei echte Traditionsclubs duellieren sich bei Flutlicht um den Einzug ins Pokalfinale, das Fußballherz könnte kaum nach mehr verlangen.
Die BSG Chemie Leipzig empfängt den FSV Zwickau heute um 19 Uhr im Alfed-Kunze-Sportpark zu Leipzig-Leutzsch zum Halbfinale im Wernesgrüner Sachsenpokal. Das Spiel steht unter der Leitung von Schiedsrichter Johnny Schiefer (VfB Annaberg). Die BSG freut sich auf einen großartigen Pokalabend mit einem hoffentlich wunderbaren Ende für Chemie – also alle in den AKS! All denjenigen, die am morgigen Donnerstag nicht vor Ort sein können, sei unser Fanradio Fünfeck.FM sowie der Live-Ticker, beides unkompliziert zu erreichen über die App der BSG Chemie Leipzig, wärmstens ans Herz gelegt (der Stadionbesuch allerdings noch wärmer). Es ist nun an der Zeit, das Finale ins Visier zu nehmen – Forza, BSG!
lale