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Peter Gosch zum 70. Geburtstag

By 7. Februar 2022No Comments

Foto: BSG

26. September 1970: Nach der Halbzeitpause des Oberligaspieles Chemie gegen Rot-Weiß Erfurt betreten die Spieler wieder den Rasen des Georg-Schwarz-Sportparks. Zwischen Scherbarth, Bauchspieß, Trojan, Lisiewicz und Matoul taucht ein junger Kicker auf, der den wenigsten der 13 000 Zuschauer bekannt ist: Klaus-Peter Gosch. Der junge Mittelfeldspieler gehört da aber schon zu den talentiertesten Nachwuchskickern der DDR, folgerichtig wurde er im Sommer 1969 erstmals in die DDR-Juniorenauswahl berufen und bestritt bis Ende 1969 acht weitere Nachwuchs-Auswahlspiele.

Nur zwölf Minuten nach seiner Einwechslung erzielte der erst 18-Jährige Youngster sein erstes Oberligator und den gleichzeitigen 2:0-Endstand gegen die Erfurter. Da schien sich Großes anzubahnen… Zunächst aber gehörte Gosch zum Stamm der zweiten Chemie-Mannschaft, die von der Bezirksliga in die DDR-Liga aufgestiegen war. Vor Motor Grimma und der TSG Schkeuditz hatte die Elf von Übungsleiter Dieter Sommer mit sieben Punkten Vorsprung die Bezirksmeisterschaft geholt. Auch der Pokal konnte gegen Grimma durch ein 2:1 gewonnen werden – durch ein Tor von Peter Gosch. In der darauffolgenden Liga-Saison maß Chemie II seine Kräfte mit Teams wie FC Karl-Marx-Stadt, Wismut Gera und Chemie Böhlen. Die Leutzscher errangen den regulären Klassenerhalt auch dank zweier Treffer von Gosch, mussten jedoch absteigen, weil die „Erste“ den Klassenerhalt in der Oberliga nicht schaffte.

Dort hatte Peter Gosch inzwischen auch seine ersten Oberligaspiele absolviert. Am 3. Spieltag kam er in der Begegnung 1. FC Union Berlin – Chemie Leipzig (0:0) zu seinem ersten Oberligaeinsatz – für 25 Minuten. Danach wurde er zwischen dem 8. und 19. Spieltag regelmäßig eingesetzt und kam so auf 15 Einsätze, bei denen er drei Tore erzielte.
Noch bevor feststand, dass beide Chemie-Mannschaften 1971 absteigen würden, wurde Gosch im Mai 1971 für 18 Monate zur Nationalen Volksarmee eingezogen. Während dieser Zeit spielte er beim FC Vorwärts Frankfurt (Oder). Dort bestritt er 1971/72 vom 3. Spieltag an 19 Oberliga-Punktspiele (ein Tor). Nachdem er 1972/73 noch die ersten sieben Oberligaspiele (zwei Tore) für den FC Vorwärts hauptsächlich als Linksaußen absolviert hatte, wurde er im Oktober 1972 aus der Armee entlassen. Das allerdings nicht freiwillig. Peter Gosch hatte mehrfach mit einigen Mannschaftskameraden über die Stränge geschlagen, die Rede ist von verspäteter Heimkehr in die Kaserne nach verpasstem Zapfenstreich und ähnliche Abenteuer. Das, was vielen jungen Männern während ihrer Armeezeit passierte, mündete bei Gosch in eine Katastrophe: Er wurde lebenslang für den Leistungssport gesperrt. Gosch erinnert sich fünfzig Jahre später: „Wenn man da Scheiße machte, war man gleich weg vom Fenster. Das wäre bei einem anderen Club nicht passiert.“

Er kehrte nach Leipzig zurück und schloss sich der SG Rotation 1950 an, mit der er 1973 in die DDR-Liga aufstieg. Nach einem Ausnahmeantrag von Rotation durfte er für ein Jahr Zweite Liga spielen, dann erfolgte postwendend der Abstieg. Der Weg zurück zu Chemie aber war verbaut, obwohl man sich in Leutzsch sehr um den talentierten Stürmer bemühte. Der ehemalige Sektionsleiter Heinz-Joachim Jungnickel erinnert sich: „Ich war eigens in Berlin, um ein Gnadengesuch für Peter zu erwirken. Ich dachte, der Hans Müller (damaliger stellvertretender Generalsekretär des Deutschen Fußballverbandes, die Red.) fällt tot um. In 30 Sekunden war das Thema erledigt. Dabei hätte Gosch 50 oder 100 Länderspiele haben können!“ Auch der damalige Mitspieler Bernd Hubert hält große Stücke auf Gosch: „Eines der größten Talente, das es je bei Chemie gab. Schade, dass das dann so endete…“

Dabei war das Eigengewächs, das sich erst im Alter von zehn Jahren bei Chemie anmeldete, durch sämtliche Nachwuchsmannschaften gegangen und durch die großen Nachwuchstrainer der BSG wie beispielsweise Männe Hermsdorf und Dieter Sommer geformt worden. Sein Vater Johann fiel dabei stets als engagierter, die Übungsleiter aber auch mal nervender Vater an der Seitenlinie auf – fast jedes Training besuchte der Papa. Manfred Walter war immer Peters Idol: „Ein Traum, dass ich dann später mit ihm zusammen noch spielen konnte!“ Nach seinem „Aus“ für den Leistungssport kickte Peter noch bis 1980 bei Rotation, danach noch kurzzeitig für Motor Lindenau. Seinem jüngeren Bruder Dieter schaute er selten zu, als der seinen Weg in die Oberligamannschaft der BSG Chemie fand. Auch er hatte es schwer und scheiterte letztlich an mehreren schweren Verletzungen.
Später zog Peter der Liebe wegen nach Berlin, wo er bis heute in Wedding lebt. Im Sommer frönt er seinem großen Hobby, nämlich seinem Schrebergarten. Körperlich geht es ihm gut, und den Weg seiner BSG verfolgt er noch heute.

Der Blick zurück enthält auch etwas Wehmut und Selbstkritik. „Wenn man sich das überlegt, warum hat man das gemacht… Ja, es ist doch irgendwie schade…“ Unzufrieden sei er aber nicht, hält er fest. Immerhin hat er ja lange Fußball gespielt und einiges erlebt.
Alles Gute zum 70. Geburtstag, Peter Gosch!

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