Foto: Chemie Leipzig
Meistermedaillen der BSG Chemie, Wimpel aus der Tura-Zeit, Trikots vom FC Sachsen, Fahnen, Fankutten, Programmhefte – mehr als 2000 Exponate umfasst die Sammlung der BSG Chemie Leipzig, um die sich seit neuestem das Team Museum/Archiv kümmert. Ziel ist natürlich, die Exponate eines Tages wieder auszustellen – am liebsten in der alten Tribüne. Denn die soll bis 2030 saniert und wieder in altem Glanze präsentiert werden.
„Es ist faszinierend, derart alte Gegenstände in der Hand zu halten, die vor Jahrzehnten schon eine Rolle gespielt haben und vielen Menschen etwas bedeuten“, sagt Lissy. Sie ist erst 18 Jahre alt und gehört damit zur jüngsten Generation, die sich für den grün-weißen Fußball begeistert. Wie die meisten ihrer jungen Mitstreiter engagiert sie sich seit Jahren für Chemie. Auch einige gestandene Alt-Chemiker gehören zum Team, wie beispielsweise unser ehemaliger Mannschaftsleiter Henning Neidhardt (71), Chronist Jens Fuge und der langjährige Fan Jens Hessel. Ihre Erfahrungen beim Bewerten und Einordnen der Gegenstände und ihrer Bedeutung sind unerlässlich. Ein Mehr-Generationen-Projekt sozusagen.
Dass es 1999 anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Leutzscher Fußballs bereits einmal ein Museum gab, wussten zumindest die Jüngeren nicht. Dass die Ausstellungsstücke von damals aber sichergestellt und sicher aufbewahrt wurden, stößt auf Begeisterung. Denn damit ist der Grundstock gelegt für eine künftige Ausstellung. Diese soll am liebsten in der altehrwürdigen Holztribüne zu sehen sein. „Das ist das emotionale Herz unseres Stadions, da gehört so etwas doch hinein. Vielleicht zusammen mit einem Fanshop“, wünscht sich Alex (22). Dass das noch ein weiter Weg ist, ist den Hobby-Historikern klar, doch träumen und planen sind ja erlaubt, sagen sie.
Derzeit sind die beim Katalogisieren der vorhandenen Stücke. Zuerst wurde gesichtet, fotografiert, Listen erstellt, dann Archivnummern vergeben, welche auf den Archivalien aufgebracht wurden. Eine zeitraubende Arbeit, die aber großen Spaß machte und gleichzeitig eine Portion Ehrfurcht vor der Geschichte des Vereins hervorbrachte. „Da wird so vieles lebendig, wenn man Alfred Kunzes Meistermedaille oder die Fußballschuhe von Bernd Bauchspieß in der Hand hält“, findet Lissy. Die bewegten Zeiten überstanden haben die beiden Meistermedaillen 1951 und 1964 mitsamt Urkunden und Pokal, die Kopien des FDGB-Pokals von 1966, der gesamte Nachlass von Meistertrainer Alfred Kunze, viele Programmhefte und Pokale. Kuriositäten wie originale Bretter der alten Tribüne, der abgebrochen Fuß von „Schere“, der Betonfigur, die vor einiger Zeit repariert werden musste, oder eines der alten Bahnhofsschilder vom Leutzscher Bahnhof, gehören zur Sammlung. Ebenso wie unzählige Beweise der äußerst kreativen Fankultur der Chemie-Fans wie selbstgefertigte Fanclubaufnäher aus den 80ern, Fankutten aus vier Jahrzehnten, der längste je gestrickte Schal (5,60 m) oder das erste in der DDR hergestellte (und selbstverständlich illegale) Fanzine mit dem schönen Namen „Leutzscher Volkszeitung“. Ergänzt wird das Ganze um Kostbarkeiten wie ein Bronzeschild aus dem Jahr 1932 von Tura-Vorgänger „Leipziger Sportverein 1899“, ein Originaltrikot der Tura (in blau) aus den 40er Jahren, etlichen Metern Archivgut und etwa 200 000 Fotos.
Letztere sind bereits digitalisiert und beschriftet, was sich über Jahre hinzog. Einige engagierte Mitstreiter, darunter die beiden Historiker Markus und Friedemann, mühen sich derzeit durch das Aktenkonvolut und ordnen die Bestände. Auch dort findet sich manche Kostbarkeit wie beispielsweise Protokolle aus den ersten Nachwendejahren oder Unterlagen ehemaliger Spieler. Zuletzt gab es auch einige Zugänge, als gleich mehrere Fans sich von einigen Sammlerstücken trennten und dem Verein zur Verfügung stellten. Endlich ist der Verein in ruhigem Fahrwasser, man kann seine Sachen beruhigt in gute Hände geben, lautet die Botschaft.
Wer beim Aufbau des Museums und des Archives helfen möchte, Erinnerungs- und Sammlerstücke daheim hat und sich davon trennen würde, kann den Verein gern unterstützen. Gesucht werden alle Devotionalien wie Trikots, Programmhefte, Pokale, Fotos oder Fanutensilien sowie auch schriftliche Unterlagen jeglicher Art, auch Briefwechsel, Protokolle u.ä. Kontakt: museum@chemie-leipzig.de