
Foto: Christian Donner
Chemie Leipzig ist recht ordentlich ins Spieljahr 2020 gestartet. In der Nachhol-Begegnung des 17. Spieltages erreichte die Mannschaft von Trainer Miroslav Jagatic vor stattlichen 3980 Zuschauern im heimischen Alfred-Kunze-Sportpark mit einem torlosen 0:0-Unentschieden gegen den Tabellenfünften Berliner FC Dynamo einen Teilerfolg – ein Ergebnis, welches nach den 90 Minuten so auch in Ordnung geht. Hatte der BFC in den ersten 45 Minuten mehr Ballbesitz, agierten die Leutzscher im zweiten Durchgang deutlich mutiger und waren letztlich dem Siegtreffer sogar näher als der Gast. Nichtsdestotrotz nehmen die Grün-Weißen diesen Punkt gegen einen äußerst spielstarken Gegner gern mit und fahren am kommenden Sonntag mit Selbstvertrauen zum wichtigen Auswärtsspiel nach Babelsberg (Anstoß: 13:30 Uhr im Karl-Liebknecht-Stadion).
Bei schwierigen Bodenverhältnissen entwickelte sich in den ersten 45 Minuten eine recht chancenarme Partie. Der BFC hatte frühzeitig deutlich mehr Ballbesitz und ließ ab und an seine spielerische Klasse aufblitzen. Allerdings erwiesen sich die Leutzscher von Beginn an defensiv äußerst kompakt. Immer wieder schlossen die Platzherren in der eigenen Spielhälfte geschickt die Räume, so dass es den Gästen kaum gelang Profit aus ihrer Feldüberlegenheit zu schlagen. Einzig der Ex-Leutzscher Ronny Garbuschewski (der Dreh- und Angelpunkt im Berliner Spiel) bedrohte mit einem Distanzschuss das BSG-Gehäuse, allerdings war Benjamin Bellot damit nicht zu bezwingen (11.).
Die Jagatic-Elf legte ihr Hauptaugenmerk zunächst klar auf die Defensivaufgaben. Im eigenen Ballbesitz agierte die Mannschaft im ersten Durchgang zu fehlerhaft, viel zu schnell wurden die mühsam erkämpften Bälle wieder verloren. Dadurch wirkten die Fünfeckträger im Offensivspiel insgesamt zu passiv und mutlos, so dass vor dem Berliner Gehäuse recht wenig entstand. Einzig nach einer Standardsituation wurde es gefährlich, was durchaus den Leutzscher Führungstreffer hätte nach sich ziehen können. Einen Freistoß von Benjamin Boltze verlängerte Alexander Bury per Kopf in Richtung des zweiten Pfostens, doch der aufgerückte Innenverteidiger Benjamin Schmidt brachte nicht genug Druck hinter den Ball um BFC-Schlussmann Kevin Sommer überwinden zu können (23.).
Ansonsten spielte sich das Geschehen hauptsächlich zwischen den Strafräumen ab. Zwar hatte der DDR-Rekordmeister weiterhin mehr Ballbesitz, doch die Chemiker kompensierten diesen Faktor durch großes Laufpensum und eine intensive Zweikampfführung. Beide Abwehrreihen dominierten, so dass der 0:0-Pausenstand nur allzu logisch erschien.
Doch mit Beginn der zweiten Halbzeit wurden die Leutzscher deutlich mutiger. Fortan gelangen dem Team einige vielversprechende Offenivaktionen, die Quote an Ballverlusten wurde deutlich weniger. Resultierend aus diesem couragierteren Auftritt kam es nicht von ungefähr, dass die Jagatic-Elf nun auch vor dem gegnerischen Tor deutlich gefährlicher wurde. Bereits kurz nach Wiederanpfiff wurde dies zum ersten Mal sichtbar, als Tommy Kind nach einem Heinze-Eckball einen Tick schneller als BFC-Keeper Sommer war, allerdings die Kugel knapp über das Gehäuse köpfte (46.). Drei Minuten später lag der Ball im Gehäuse der Berliner, jedoch war der Jubel unter der Leutzscher Fanschar recht schnell verstummt. Nach einem Freistoß von Daniel Heinze lief Tommy Kind geschickt auf den kurzen Pfosten und nickte die Kugel zum vermeintlichen 1:0 ins Netz, doch der sehr gut amtierende Schiedsrichter Chris Rauschenberg (Wenigenlupnitz) entschied auf Stürmerfoul des Rückkehrers vom VfL Halle 96, welcher sich vorher im Luft-Zweikampf gegen Michael Blum mit einem Schubser den nötigen Platz geschaffen hatte (49.). Erneut waren nur drei Minuten vergangen, als die BSG-Fans abermals den Torschrei auf den Lippen hatten, aber Alexander Bury zögerte aus vielversprechender Position zu lange mit dem Abschluss, so dass er letztlich von Sommer zu weit abgedrängt wurde und nur das Außennetz traf (52.).
Allerdings blieb der BFC auch fortan jederzeit auf Augenhöhe und hatte mit Ronny Garbuschewski den alles überragenden Mann auf dem Platz. Immer wieder setzte der ehemalige Leutzscher geschickt seine Nebenleute ein, so dass die Chemiker in der Defensive weiterhin höchst konzentriert agieren mussten. Dabei entwischte ihnen zweimal der wieselflinke Andor Bolyki, was glücklicherweise keine gravierenden Folgen nach sich zog. Zunächst hatte Bolyki Benjamin Bellot bereits umkurvt, doch der Leutzscher Schlussmann trieb den ungarischen Offensivspieler geschickt nach außen, so dass die Kugel nur am Außennetz landete (52.). Zwei Minuten später visierte Bolyki aus halbrechter Position das lange Eck an, allerdings fehlten hier die berühmten Zentimeter (54.).
Insgesamt war die zweite Hälfte bedeutend unterhaltsamer als die erste, wofür beide Teams ihren Anteil hatten. Es entwickelte sich fortan ein regelrechter Abnutzungskampf, da auch die Platzverhältnisse von Minute zu Minute schwieriger wurden. Den nächsten Torabschluss verzeichnete wiederum der BFC, jedoch zeigte sich Bellot bei einem leicht abgefälschten Schuss von Daniel Schaal abermals auf der Höhe (74.). Doch die BSG wehrte sich weiterhin, mit viel Mut und Entschlossenheit legte die Jagatic-Elf eine sehr beherzte zweite Halbzeit hin. Und um ein Haar hätten sich die Leutzscher dafür belohnt, nur wenige Zentimeter trennten die Chemiker von der möglichen Führung. Sehr gut vom eingewechselten Marc Böttger eingeleitet, der nach über einem halben Jahr Verletzungspause in den letzten fünf Minuten sein Comeback feierte, fasste sich Benjamin Boltze kurz vor der Strafraumgrenze ein Herz – fulminant klatschte der Ball ans Lattenkreuz und sprang ins Spielfeld zurück (86.). Jetzt klebte den Leutzschern auch noch das Pech am Stiefel, BFC-Torhüter Kevin Sommer flog vergebens und wäre definitiv chancenlos gewesen. Doch noch war die Begegnung nicht vorbei, eine Möglichkeit sollten die Fünfeckträger noch bekommen. Dabei versuchte sich abermals Benjamin Boltze, diesmal per Freistoß, doch auch hier fehlte es letztlich an der nötigen Genauigkeit (drüber, 88.).
So blieb es im Endeffekt beim torlosen Remis – insgesamt ein gerechter Ausgang. Darüber waren sich auch im Anschluss beide Trainer vollends einig – sowohl der BFC als auch die Chemiker nehmen letztlich diesen Zähler gern mit.
BSG Chemie Leipzig – Berliner FC Dynamo 0:0
BSG Chemie Leipzig: Benjamin Bellot (TW), Stefan Karau (MK), Manuel Wajer, Andy Wendschuch, Alexander Bury, Daniel Heinze, Benjamin Schmidt, Florian Kirsten (84. Marc Böttger), Tommy Kind, Benjamin Boltze, Florian Schmidt (70. Max Keßler); Trainer: Miroslav Jagatic
Berliner FC Dynamo: Kevin Sommer (TW), Michael Blum, Philip Schulz (81. Bahadir Özkan), Andreas Pollasch, Lukas Krüger (81. Deniz Citlak), Ronny Garbuschewski (MK), Chris Reher, Joey Breitfeld, Marvin Kleihs, Daniel Schaal, Andor Joszef Bolyki; Trainer: Christian Benbennek
Tore: Fehlanzeige
Schiedsrichter: Chris Rauschenberg, Michael Wilske, Eric Dominic Weisbach
Zuschauer: 3980 (500 Gäste) im Alfred-Kunze-Sportpark, Leipzig-Leutzsch