Die Enttäuschung war groß in den Reihen der BSG Chemie Leipzig, als Schiedsrichter Johnny Schiefer (Annaberg-Buchholz) am vergangenen Samstag das Achtelfinale im sächsischen Landespokal zwischen dem FC Eilenburg und den Leutzschern abpfiff. Nach einer nicht ausreichenden Leistung verloren die Schützlinge von Trainer Miroslav Jagatic beim ambitionierten Oberligisten mit 0:1 (0:0) und mussten im sächsischen Cupwettbewerb somit frühzeitig die Segel streichen. Nach den 90 Minuten ging der Sieg der Nordsachsen durchaus in Ordnung, zu keiner Zeit konnte die BSG ihr wahres Leistungspotenzial abrufen. Eilenburg verdiente sich den Sieg und kam durch den späten Treffer des Ex-Leutzschers Tim Bunge (90.+1) eine Runde weiter. Durch diese Niederlage verpassten es die Chemiker im Landespokal weiter vorzustoßen, zumal das Viertelfinale-Los LSV Neustadt/Spree (Sachsenliga) durchaus machbar gewesen wäre. Innerhalb der Trainingswoche wurde diese Begegnung in Eilenburg natürlich intensiv ausgewertet, auch in den Einheiten wurde noch einmal die Intensität erhöht. Trainer Miroslav Jagatic hat mit seinem Assistenten Christian Sobottka natürlich das Ziel, die Mannschaft nach dem Pokal-Aus sofort wieder in die richtige Spur zu bringen. Nichts wurde dem Zufall überlassen, zu wichtig sind die letzten Begegnungen in der Regionalliga. Zwar haben die Fünfeckträger bereits 18 Zähler auf dem Konto, doch geht es in der Staffel insgesamt recht eng zu. Demzufolge ist es von großer Bedeutung weiter zu punkten – je eher man sich von der kritischen Tabellenregion entfernt, desto besser. Allerdings haben die Leutzscher am Wochenende einen dicken Brocken aus dem Weg zu räumen, wenn man beim bisher weit unter seinen Möglichkeiten agierenden Berliner AK gastiert. Der Anstoß im Berliner Poststadion erfolgt am Sonntag um 13.30 Uhr.
Im Vorfeld als einer der Titelkandidaten angesehen, verläuft die bisherige Saison des Berliner AK alles andere als nach Wunsch. Mit 16 Punkten aus den ersten 15 Begegnungen belegen die Kicker aus dem Stadtteil Moabit derzeit nur Tabellenrang 12 und dass, obwohl man sich im letzten Spieljahr noch den Vizerang sicherte. Demzufolge war der BAK vor der Saison schon als einer der Staffelfavoriten anzusehen, zumal man auf dem Transfermarkt recht aktiv war. Zwar musste man mit Jan Koch, Orhan Yildirim (beide Cottbus), Marvin Kleihs (BFC Dynamo) oder Seref Özcin (Münster) einige Leistungsträger in der Sommerpause abgeben, doch gelang es dem Verein sich dementsprechend zu verstärken. Zu allererst sind dabei Rintaro Yajima und Pierre Merkel zu nennen, die in der Regionalliga-Saison 2017/18 das Trikot der BSG Chemie Leipzig trugen. Merkel konnte man aus Nordhausen, Yajima aus Meuselwitz loseisen. Dies war jedoch noch längst nicht alles, sämtliche Neuzugänge bringen eine sehr hohe Qualität auf den Platz. Nach einem Drittliga-Jahr bei den Würzburger Kickers kehrte beispielsweise Enes Küc zum BAK zurück, ein Alexander Siebeck (TSV Steinbach Haiger) kann ebenfalls Drittliga-Erfahrung beim Karlsruher SC vorweisen. Dies trifft ebenfalls auf Niklas Brandt zu, den man vom BFC Dynamo verpflichten konnte, welcher in der Vergangenheit beim 1. FC Magdeburg ebenfalls in Liga drei kickte. Weiterhin sicherte man sich die Dienste von Arthur Ekallé (SC Verl) und Ahmed Waseem Razeek (zuletzt vereinslos, vorher Rot-Weiß Erfurt, 1. FC Magdeburg), so dass man in Moabit guter Hoffnung war, die Erwartungen erfüllen zu können. Trainer Ersan Parlatan wurde ein Kader zur Verfügung gestellt, mit dem er durchaus in ähnliche Tabellenregionen wie im Vorjahr hätte vorstoßen können.
Allerdings sah die Realität in Moabit ganz anders aus. Zwar kam der BAK mit drei Auftaktsiegen in Folge (4:2 gegen Bischofswerda, 2:0 in Fürstenwalde, 2:1 gegen Halberstadt) glänzend aus den Startlöchern, doch was im Anschluss passierte, ist aufgrund der hohen Qualität des Kaders recht schwer zu erklären. Nach den anschließenden drei Niederlagen musste Erfolgstrainer Parlatan seinen Hut nehmen, nach der Interimslösung ihr Mounir Raychouni (1:1-Remis daheim gegen Erfurt) übernahm Dirk Kunert die Mannschaft. Unter dem neuen Trainer gelangen der Elf mit den Unentschieden gegen die Top-Teams 1. FC Lok Leipzig und Energie Cottbus (jeweils 2:2) zwar zunächst zwei Teilerfolge, doch auch im Anschluss daran kam der BAK nie mehr so richtig in Schwung. Einzig der klare 4:1-Sieg in Meuselwitz verdeutlichte das Potenzial der Mannschaft, drei anschließende Niederlagen in Folge ließen den BAK nun auf Rang zwölf abrutschen. Mittlerweile haben die Rot-Weißen in den letzten zwölf Meisterschafts-Begegnungen nur ein einziges Mal gewonnen, so dass der BAK den eigenen Erwartungen ein gehöriges Stück hinterherhinkt. Ziel für die Moabiter muss nun in den letzten vier Begegnungen vor der Winterpause sein, noch einige Punkte zu holen, um nicht noch in gravierende Abstiegsnöte zu geraten. Dabei trifft man in Folge nun auf Chemie Leipzig, den SV Babelsberg und den Bischofswerdaer FV, die sich tabellarisch auf Augenhöhe befinden. Daher ist das Heimspiel gegen die Leutzscher schon ein Schlüsselspiel für die Kunert-Schützlinge. Nach drei Niederlagen in Folge, sowie dem Aus im Berlin-Pokal gegen Altglienicke (0:1), werden die Rot-Weißen mit Sicherheit nicht vom Selbstvertrauen befallen sein. Die Hoffnungen des BAK ruhen neben Enes Küc (3 Saisontore) und Pierre Merkel (6) vor allem auf Stürmer Abu Bakarr Kargbo, der in den letzten Begegnungen verletzungsbedingt fehlte. Der im Nachwuchs bei Hertha BSC ausgebildete Angreifer traf in acht Spielen bisher fünf Mal und wird aller Voraussicht nach gegen die Leutzscher wieder zum Kader hinzugehören.
Für die Chemiker gilt es, sich nach dem Pokalaus in Eilenburg, nun in Berlin von einer ganz anderen Seite zu zeigen. Der Fokus liegt ab sofort vollends auf der Regionalliga, das vorher verkündete Saisonziel Klassenerhalt kann nun mit voller Vehemenz verfolgt werden. Der Grundstein mit 18 Punkten aus 15 Begegnungen ist gelegt worden – nicht viele haben der Mannschaft im Vorfeld diese gute Hinrunde zugetraut. Doch ist dies nicht mehr als eine sehr schöne Momentaufnahme, da bisher noch nicht einmal die Hälfte der Serie absolviert ist. Nach den Niederlagen gegen Meuselwitz und in Eilenburg ist es daher wichtig wieder in die Spur zu kommen und das zweifellos vorhandene Potenzial abzurufen. Auch wenn man aktuell im Tableau knapp über dem BAK zu finden ist, gehen die Leutzscher nicht als Favorit in diese Begegnung. Spielerisch und vom Kader her sind die Berliner den Grün-Weißen überlegen, doch „Hauptstadt-Insider“ Miroslav Jagatic wird schon einen Plan schmieden, wie er im Poststadion zum Erfolg kommen will. Grundlage dafür wird jedoch wiederum sein, im Defensivbereich die nötige Stabilität an den Tag zu legen und im Spiel nach vorn mit Mut und Ideen zu agieren. Beide Faktoren kamen in Eilenburg am letzten Wochenende viel zu kurz, was sich prompt im Ergebnis niederschlug. Nichtsdestotrotz ist man im Leutzscher Lager guten Mutes etwas aus Berlin mitnehmen zu können – die Mannschaft hat sich sehr intensiv auf diese Begegnung eingeschworen. Allerdings ist eine deutliche Steigerung im Vergleich zu den beiden vergangenen Partien von Nöten.
Nur wenn man als Kollektiv auftritt, wenn jeder Einzelne an sein Leistungsmaximum geht und wenn jeder Spieler seine individuellen Fähigkeiten in die Mannschaft einbringt, wird man erfolgreich sein. Die Leutzscher Tugenden wie Leidenschaft, Mut und Zweikampf-Intensität müssen dringend abgerufen werden, um dem spielstarken BAK sofort die Lust am Fußballspielen zu nehmen. Sollte dies gelingen, ist für die BSG mit der Außenseiterrolle im Poststadion einiges möglich.
Weiterhin ist Trainer Jagatic froh, dass sich die leicht angespannte Personalsituation wieder entspannt hat. Vor allem im Offensivbereich hat man mit Tomás Petrácek und Tommy Kind wieder die dringend notwendigen Optionen, auch der am letzten Samstag verletzungsbedingt fehlende Leo Felgenträger könnte wieder in den Kader hinzustoßen. Die Oberschenkelprobleme von Benjamin Boltze, der in Eilenburg angeschlagen das Feld verlassen musste, scheinen ebenfalls nicht allzu groß zu sein – seit Mittwoch trainiert der Heimkehrer wieder mit der Mannschaft. Sollte in den abschließenden Trainingseinheiten nichts weiter passieren, stehen nur die Langzeitverletzten Marc Böttger und Philipp Wendt nicht zur Verfügung. Alle anderen Akteure sind einsatzfähig. Außerdem möchten wir es wiederum nicht versäumen, das Schiedsrichter-Kollektiv für die Regionalliga-Begegnung zu präsentieren. Geleitet wird die Partie von Florian Markhoff aus Rostock Die Leutzscher hatten mit dem 29-jährigen in dieser Saison bereits Bekanntschaft, als man in Cottbus knapp mit 1:2 unterlag. An den Linien wird Markhoff assistiert von Dominic Koch (Wismar) und Niclas Rose (Neukloster). Wünschen wir dem Unparteiischen-Gespann ebenfalls ein gutes Spiel und immer ein glückliches Händchen.