Foto: Christian Donner
15 Punkte aus 13 Spielen – Chemie Leipzig liegt aktuell voll im Soll. Vor allem der letztwöchige 2:0 (1:0)-Heimsieg über den VfB Auerbach war von großer Wichtigkeit, da man einen unmittelbaren Konkurrenten um den Klassenerhalt in die Schranken weisen und in der Tabelle damit erst einmal an den Vogtländern vorbeiziehen konnte. Mit diesem Erfolg im heimischen Alfred-Kunze-Sportpark bestätigte die Mannschaft von Trainer Miroslav Jagatic den positiven Trend der letzten Wochen, sodass man sich vor den kommenden schweren Aufgaben in eine sehr gute Ausgangsposition gebracht hat. Allerdings werden sich die Leutzscher nun nicht zurücklehnen – ganz im Gegenteil. Die Mannschaft hat Hunger auf mehr und ist heiß darauf, auch die nächsten Begegnungen positiv zu gestalten. Bereits am Samstag steht für die Grün-Weißen die nächste enorm wichtige Partie auf dem Programm, wenn man um 13:30 Uhr beim FSV Optik Rathenow antritt. Auch in Brandenburg erwarten die Fünfeckträger ein Duell auf Augenhöhe, wobei das Ziel eindeutig definiert ist. Beim aktuell Drittletzten der Tabelle will man unbedingt weiter auf dem Punktekonto anschreiben und diesen positiven Schwung weiter mitnehmen.
Wenn man den FSV Optik Rathenow genauer analysiert, stößt man immer wieder auf einen Namen: Ingo Kahlisch. Der 63-jährige verkörpert den Verein, wie man es heutzutage nur noch äußerst selten erlebt. Kahlisch ist quasi alles im Verein – Geschäftsführer, Sportlicher Leiter, Trainer. Es gibt nichts, was nicht über Kahlischs Tisch geht – im Sportgeschäft des Tausendsassas spielt sich tagtäglich alles ab, was mit dem FSV Optik Rathenow zu tun hat. Im Juli 1989, damals firmierte der Verein noch unter dem Namen BSG Motor, wurde Ingo Kahlisch Trainer in Rathenow – im Sommer dieses Jahres hat er diesbezüglich sein 30-jähriges Jubiläum gefeiert. Selbst solch renommierte Vereine wie Tennis Borussia Berlin, der SV Babelsberg oder gar der FC Energie Cottbus bemühten sich in der Vergangenheit um die Dienste des Rathenower Urgesteins – der ehemalige DDR-Liga-Akteur von KWO Berlin blieb dem FSV Optik treu und sagt im Nachhinein diesbezüglich alles richtig gemacht zu haben.
Für die knapp 25.000-Einwohner-Stadt, welche sich etwa 70 Kilometer westlich von Berlin befindet, ist der Fußballverein einer der besten Werbeträger. Stolz ist man in Rathenow, sich in der Regionalliga mit solchen Traditionsmannschaften wie Rot-Weiß Erfurt, Lok Leipzig, dem BFC Dynamo, Energie Cottbus und eben auch der BSG Chemie Leipzig messen zu können – wohl wissend, dass es auch in dieser Saison einzig um den Klassenerhalt geht. Nichtsdestotrotz ist die vierte Liga beim FSV Optik kein Neuland mehr, bereits in der Vergangenheit hat der Verein in dieser Spielklasse schon seine Visitenkarte abgegeben. Von 2012 bis 2014 sowie in der Saison 2015/16 spielten die Kahlisch-Schützlinge schon einmal in der Regionalliga – im dritten Intermezzo befindet man sich aktuell seit der vergangenen Saison. Der sportliche Höhepunkt des FSV Optik liegt allerdings schon 25 Jahre zurück, als der Verein in den Spielserien 1994/95 und 1995/96 in der Regionalliga Nordost spielte, welche damals noch die dritthöchste Spielklasse darstellte. Sonst agierte der Verein meist in der Nordstaffel der NOFV-Oberliga, wenn man einmal die Jahre 2005 bis 2007 außer Acht lässt, als man nur in der Brandenburgliga spielte.
In all diesen Jahren war Ingo Kahlisch als verantwortlicher Trainer des FSV Optik Rathenow tätig, kaum jemand in dieser Region hat als Coach mehr erlebt als der 63-jährige. Freud und Leid liegen im Sport oftmals eng zusammen – auch die jüngste Vergangenheit der Rot-Weißen war diesbezüglich arg gekennzeichnet. Nach dem sportlichen Abstieg aus der Regionalliga im Jahr 2016 kehrte die Kahlisch-Elf im vergangenen Jahr aufgrund einer sensationellen Oberliga-Saison in diese Spielklasse zurück. Hier hatte man jedoch gewaltige Anpassungsprobleme, bis zur Winterpause hatte der FSV Optik nur neun Punkte auf dem Konto. Sportlich schien die Liga eine Nummer zu groß zu sein, der Klassenerhalt rückte in weite Ferne. Doch in der Rückrunde mauserte man sich und holte weitere 19 Zähler, sodass man die Rote Laterne letztlich an Budissa Bautzen übergab. Man plante in Rathenow aufgrund der sehr schlechten Hinrunde natürlich bereits mit der Oberliga, als Vorletzter hätte es sportlich sowieso eine Klasse tiefer gehen müssen. Doch zwei äußerst glückliche Umstände sicherten dem FSV Optik letztlich den Klassenverbleib in der Regionalliga, welche der Verein natürlich gern in Anspruch nahm. Zunächst verzichtete der sportlich gerettete FC Oberlausitz Neugersdorf auf seinen Startplatz in dieser Spielklasse und meldete nur noch für die Oberliga. Anschließend bekam der finanziell arg gebeutelte Staffelsieger Chemnitzer FC durch den Deutschen Fußball-Bund (DFB) doch die Lizenz für die 3. Liga und konnte somit aufsteigen. Die Zahl der Regionalliga-Absteiger reduzierte sich dadurch, sodass der FSV Optik Rathenow in der Liga verblieb.
In der neuen Saison ist man sich natürlich wiederum um die Schwere der Aufgabe „Klassenerhalt“ bewusst, doch ist dies im Havelland keine neue Erkenntnis. Der Verein kämpft in jeder Regionalliga-Saison in der unteren Tabellenregion, sodass man diesbezüglich auch etwas Erfahrung besitzt. Mit elf Punkten aus 13 Begegnungen belegen die Rathenower derzeit den drittletzten Rang, doch der unmittelbare Kontakt zur Konkurrenz ist vorhanden. Zum Tabellen-Neunten, dem Berliner AK, sind es aktuell nur fünf Zähler Rückstand, sodass die Kahlisch-Elf noch alle Möglichkeiten besitzt, ihr großes Saisonziel zu erreichen. Ein Heim- (2:1 gegen den BFC Dynamo) sowie ein Auswärtssieg (1:0 in Lichtenberg) stehen derzeit zu Buche, weiterhin ist das Punktekonto durch fünf Unentschieden zusätzlich aufgebessert worden. Bis zum vergangenen Wochenende hatte der FSV Optik sogar eine kleine Serie von vier ungeschlagenen Begegnungen hingelegt (ein Sieg, drei Remis), doch diese wurde durch eine böse 0:4-Klatsche am letzten Freitag bei Wacker Nordhausen abrupt beendet. Qualität ist in der Mannschaft zweifelsohne vorhanden, was die Teilerfolge gegen Altglienicke, den Berliner AK (jeweils 1:1) oder Rot-Weiß Erfurt (0:0) unterstreichen. Demzufolge ist man in Rathenow guten Mutes bis zur Winterpause noch einige Punkte einzusammeln, auch weil man in den kommenden Wochen mit Chemie Leipzig, dem SV Babelsberg, dem Bischofswerdaer FV, Germania Halberstadt und den SV Lichtenberg allesamt auf Gegner trifft, die sich auf Augenhöhe befinden. Schon deshalb wird man in Rathenow die Ruhe nicht verlieren, dies wird allein schon Ingo Kahlisch nicht zulassen.
Für Chemie Leipzig gilt es am Samstag in Rathenow den letztwöchigen Heimsieg über Auerbach zu vergolden. Ziel ist es in Brandenburg weiter auf dem Punktekonto anzuschreiben und so den nächsten kleinen Schritt zur Realisierung des großen Ziels „Klassenerhalt“ zu machen. Allerdings weiß Trainer Miroslav Jagatic nur allzu gut, was seine Elf am Wochenende erwartet. Daher gilt es, wie zuletzt, mit einer hundertprozentigen Einstellung und totaler Leistungsbereitschaft dieses weitere „Sechs-Punkte-Spiel“ anzugehen. Rathenow wird mit Sicherheit alles in die Waagschale werfen, um die drei Zähler im heimischen Stadion Vogelgesang zu behalten, daher wird von den Leutzschern wiederum alles abverlangt werden. Allerdings gehen die Chemiker durchaus optimistisch diese Auswärtsaufgabe an, schließlich hat die Elf in den letzten Wochen mehrmals eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass man durchaus die Berechtigung besitzt in der Regionalliga zu spielen. Beim Teilerfolg in Erfurt (0:0) legte die Mannschaft diesbezüglich so etwas wie den Grundstein für die positiven Wochen, die Heimsiege im Derby gegen Lok Leipzig und Auerbach (jeweils 2:0) verdeutlichen eindrucksvoll die aufsteigende Form. Auch dazwischen, beim Staffelfavoriten in Cottbus (1:2-Niederlage), zeigten sich die Fünfeckträger von ihrer besten Seite und hätten aufgrund ihres Aufwandes und der gezeigten Leistung eigentlich einen Punkt verdient gehabt. Die vergangenen Wochen haben diesbezüglich klar aufgezeigt, dass die Mannschaft auf dem richtigen Weg ist, doch die Elf muss dies Spiel für Spiel neu beweisen. Selbstzufriedenheit oder mangelnde Einstellung können fatale Folgen nach sich ziehen – dafür ist die Konkurrenz in der Regionalliga einfach zu stark. Daher ist in Rathenow wiederum eine stabile Defensive gefragt, welche die Mannschaft in den letzten Wochen immer wieder an den Tag legte. Im Spiel nach vorn hat man sich zuletzt sehr verbessert, auch dies gilt es am Samstag in Brandenburg wieder unter Beweis zu stellen. Die Elf wirkt im Offensivspiel nun deutlich variabler und unausrechenbarer als zum Saisonbeginn – ein Fakt, der zweifelsohne auf dem Punktekonto zu erkennen ist. Mit der Unterstützung des stimmgewaltigen Leutzscher Anhangs sowie mit einer gesunden Portion Mut und großer Leidenschaft ist man zuversichtlich, das Vorhaben, etwas Zählbares mitzunehmen, verwirklichen zu können. In personeller Hinsicht gibt es im Vergleich zur Vorwoche keine Änderungen. Bis auf die Langzeitverletzten Marc Böttger und Philipp Wendt stehen alle Akteure zur Verfügung.
Schiedsrichter dieser Regionalliga-Begegnung ist der 27-jährige Chris Rauschenberg aus dem thüringischen Wenigenlupnitz. Es ist noch gar nicht so lange her, als die Chemiker mit dem Referee die ersten Berührungspunkte in der noch jungen Saison hatten. Leider waren die Erfahrungen zweifelsohne nicht die besten. Ende August leitete Rauschenberg das Leutzscher Heimspiel gegen Union Fürstenwalde, welches die Grün-Weißen klar mit 1:4 verloren. Sicherlich nicht die besten Vorzeichen für das Spiel in Rathenow, doch Statistiken sind dazu da, um sie zu widerlegen oder zu verbessern. An den Linien wird Rauschenberg assistiert von seinen thüringischen Kollegen Johannes Drößler (Gotha) und Richard Lorenz (Bad Langensalza). Wir wünschen dem Unparteiischen-Trio ein gutes Spiel, immer ein glückliches Händchen und freuen uns auf eine spannende Begegnung.