Es waren ereignisreiche Tage, welche Chemie Leipzig zuletzt erleben durfte. Da war zunächst das Benefizspiel beim Bundesligisten Eintracht Frankfurt, das für die Mannschaft von Trainer Miroslav Jagatic das Saisonhighlight darstellen sollte. Dabei spielte das Ergebnis bei der 1:5 (1:2)-Niederlage beim Europa-League-Teilnehmer insgesamt eine eher untergeordnete Rolle. Fünf Tage später ging es für die Chemiker dann jedoch in der Regionalliga schon weiter, die Nachholpartie in Halberstadt stand auf dem Programm. Dank einer enormen Willensleistung bogen die Grün-Weißen die Begegnung nach einem 0:3-Pausenstand noch zu einem 3:3-Unentschieden um. Allerdings gibt es für die Elf von Trainer Miroslav Jagatic kaum Zeit zum Luftholen. Bereits am morgigen Sonntag geht es schon wieder weiter, wenn man um 13:30 Uhr im altehrwürdigen Berliner Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark gegen den aktuellen Tabellenvierten, die VSG Altglienicke, antritt.
Für den Leutzscher Coach ist die Begegnung mit Sicherheit eine ganz besondere, schließlich trifft er dort auf seine ehemalige Mannschaft. Es ist bereits die dritte Regionalliga-Saison der VSG Altglienicke, doch hat sich der Verein nach einem 15. und einem 14. Platz für diese Serie etwas andere Ziele gesetzt. Man möchte sich von Beginn an im vorderen Tabellenmittelfeld festsetzen und sich langfristig in der Liga etablieren. Diesbezüglich verpflichtete die VSG im Sommer mit Karsten Heine einen sehr erfahrenen Trainer, der bei Hertha BSC Berlin, dem 1. FC Union Berlin, dem SV Babelsberg 03 und dem Chemnitzer FC über viele Jahre bewies, dass er ein Faible für junge Spieler hat und Mannschaften perspektivisch weiterentwickeln kann. Dabei trat der 64-jährige Heine, der zu DDR-Zeiten beim 1. FC Union Berlin und bei Stahl Brandenburg in der Oberliga spielte, die Nachfolge von Andreas Zimmermann an, welcher beim West-Regionalligisten Wuppertaler SV anheuerte. Insgesamt kann der erfahrene Coach mit dem Saisonstart von 13 Punkten aus den ersten sieben Begegnungen sehr zufrieden sein.
Vor allem im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark, in welchem die VSG ihre Heimspiele austrägt, ist man bisher äußerst erfolgreich. Alle drei Partien vor heimischer Kulisse wurden siegreich gestaltet, darunter ein klares 4:1 im Derby gegen den Berliner FC Dynamo. Auswärts hat man zwar bei den Spitzenteams Energie Cottbus (1:3) und Wacker Nordhausen (0:2) jeweils verloren, doch der 4:2-Erfolg beim Berliner AK (nach 0:2-Pausenrückstand) zeigt eindrucksvoll, dass die Elf auch auf fremden Plätzen durchaus Qualität besitzt.
Insgesamt besitzt die VSG Altglienicke einen Kader, mit dem die gesteckten Ziele durchaus zu verwirklichen sind. Mit Dan Twardzik (Sohn des ehemaligen FC Sachsen-Schlussmannes René Twardzik) verfügt man über einen der besten Torhüter der Regionalliga, die erfahrenen René Pütt und Kevin Kahlert sind wichtige Säulen in der Defensive. Im Mittelfeld läuft nahezu alles über Christian Skoda, im Angriff stellt ein Benjamin Förster (ehemals Chemnitzer FC, Energie Cottbus) seit Jahren seine Torgefährlichkeit unter Beweis. Zwar musste man im Sommer den Abgang des 39-jährigen Führungsspielers Björn Brunnemann (SV Siedenbollentin) verkraften, auch durch den Verlust von Chinedu Ede (Spandauer Kickers Ü32) verlor die Mannschaft etwas an Qualität, doch die Einkäufe im Sommern haben sofort eingeschlagen. So erkämpfte sich der 19-jährige Berk Inaler (1. FC Union Berlin A-Junioren) einen Stammplatz und Tony Schmidt hat zuletzt bei Budissa Bautzen eindrucksvoll seine Regionalliga-Qualitäten unter Beweis gestellt. Insgesamt ist Trainer Karsten Heine mit diesem Kader durchaus zufrieden, der Großteil der Mannschaft spielt schon über Jahre zusammen. Vor allem im Offensivbereich ist man neben Förster mit dem zweitliga-erfahrenen Christopher Quiring (ehemals Union Berlin) und dem Ex-Erfurter Tugay Uzan bestens besetzt. So ist die Offensivabteilung das Prunkstück der VSG – 16 geschossene Treffer sind aktuell fünfbester Wert der Liga. Derzeit auf Position vier rangierend gehen die Altglienicker demzufolge als Favorit in diese Begegnung gegen Chemie Leipzig – ein Fakt, welcher aufgrund der Tabellenkonstellation unbestritten ist.
Die Leutzscher nehmen diese Außenseiterrolle sehr gern an, schließlich ist man in der neuen Spielklasse damit bisher sehr gut gefahren. Man ist sich natürlich über die Schwere dieser Auswärtsaufgabe bewusst, allerdings wird man auch in Berlin seine Möglichkeiten suchen. Dafür ist jedoch eine vollends konzentrierte Vorstellung über die gesamte Spielzeit von Nöten. Dies war in Halberstadt zuletzt leider nicht der Fall, zur Halbzeit konnte man sich im Chemie-Lager glücklich schätzen, nur mit 0:3 im Hintertreffen gelegen zu haben. Wie die Elf dann jedoch im zweiten Durchgang reagierte, war durchaus bemerkenswert. Nach dem schier aussichtslosen Rückstand zeigte man in Halbzeit zwei das wahre Gesicht und holte durch eine sensationelle Aufholjagd und eine enormen Willensleistung letztlich noch die Kastanien aus dem Feuer. Dieser Punkt im Harz wird der Elf von Trainer Miroslav Jagatic zusätzliches Selbstvertrauen verleihen, da die Mannschaft zeigte, was möglich ist, wenn man immer daran glaubt. Auf gegnerischen Plätzen sind die Chemiker bisher noch ungeschlagen – Grund genug, um auch die Aufgabe in Altglienicke voller Zuversicht anzugehen. Auf Grundlage einer kompakten Defensive will man im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark auch im Spiel nach vorn immer wieder Akzente setzen und so für Torgefahr sorgen. So wurde auch innerhalb der Woche fokussiert trainiert, damit die Mannschaft gut gewappnet diese Aufgabe angehen kann. Coach Jagatic kennt den Gegner natürlich aus dem „Effeff“, die Truppe wird bis auf das kleinste Detail vorbereitet sein. Personell gibt es ebenfalls kleine Erfolgsmeldungen zu überbringen: Kapitän Stefan Karau steht nach Oberschenkel-Verletzung wieder zur Verfügung. Ansonsten wird der Kader wie in den letzten Spielen aussehen – Andy Wendschuch, Florian Kirstein und Marc Böttger fallen weiterhin verletzungsbedingt aus. Auch Neuzugang Elvir Ibiševic (NK Celje) wird in Berlin noch nicht mitwirken können, da die Spielgenehmigung vom Nordostdeutschen Fußballverband (NOFV) leider noch fehlt.
Schiedsrichter dieser Regionalliga-Begegnung ist der 34-jährige Eugen Ostrin aus Eisenach. Mit den Leutzschern hatte der Unparteiische in dieser Saison bereits schon einmal das Vergnügen, leitete der Thüringer das Heimspiel der BSG Anfang September gegen den SV Babelsberg (1:1). An den Linien wird Ostrin unterstützt von Daniel Köppen (Rathenow) und Tino Stein (Brieselang). Dem Schiedsrichter-Kollektiv wünschen wir in dieser Begegnung ein gutes Amtieren und freuen uns auf eine spannende Begegnung!