Das letzte Heimspiel gegen Luckenwalde endete 2:1. (Foto: Christian Donner)
Nach den DFB-Pokal-Begegnungen gegen den SSV Jahn Regensburg (2:1) und den SC Paderborn (0:3) steigt am Sonntag das dritte absolute Saison-Highlight im Leipziger Alfred-Kunze-Sportpark. Es ist das unangefochtene Topspiel der Oberliga Süd, selbst der Mitteldeutsche Rundfunk wird die Partie per Livestream übertragen. Vor ausverkauftem Haus empfängt der Tabellenführer BSG Chemie Leipzig am Sonntag um 14.00 Uhr mit dem FSV Luckenwalde seinen ärgsten Verfolger – seit Wochen wird fast ausschließlich nur noch über dieses Match geredet.
Vier Punkte trennen aktuell beide Kontrahenten, welche sich seit Wochen und Monaten einen regelrechten Abnutzungskampf in Sachen Regionalliga-Aufstieg liefern. Nach einem traumhaften Saisonstart mit zehn Siegen aus den ersten zehn Begegnungen waren die Leutzscher dem ärgsten Widersacher schon mit sieben Punkten enteilt, doch eine Schwächeperiode der Chemiker im Spätherbst nutzten die Brandenburger, um den Rückstand zu egalisieren und sich später sogar die Herbstmeisterschaft zu sichern. In der Rückrunde fanden die Grün-Weißen jedoch wieder zurück in die Erfolgsspur. Mit neun Siegen und zwei Unentschieden sind die Leutzscher als einziges Team noch ungeschlagen, so dass man sich durch diese Serie die Tabellenführung zurückeroberte. Luckenwalde verlor in der zweiten Halbserie zwar auch erst ein einziges Mal (0:1-Heimniederlage gegen Ludwigsfelde, Anfang Dezember 2018), doch spielte die Elf im Jahr 2019 zusätzlich vier Mal unentschieden.
Davon profitierte die BSG und löste zusätzlich die eigenen Hausaufgaben. Zwar glänzte man dabei nicht immer, wie beispielsweise am vergangenen Sonntag in Hohenstein-Ernstthal (1:0), doch letztlich sprechen die Ergebnisse für die Leutzscher. Somit hat sich die Mannschaft von Trainer Miroslav Jagatic vor diesem Spitzenspiel eine Top-Ausgangsposition geschaffen, welche man natürlich in den letzten vier entscheidenden Wochen verteidigen und eventuell sogar noch ausbauen will.
Nach einer desaströsen letzten Regionalliga-Saison mit nur neun Punkten aus 34 Spielen hat der FSV Luckenwalde in der Oberliga nicht nur erstaunlich schnell wieder Fuß gefasst – nein, die Mannschaft spielt eine absolut sensationelle Saison. Wie die BSG Chemie Leipzig haben die Brandenburger in dieser Spielserie erst zweimal verloren, so dass die aktuelle Position des FSV nicht von ungefähr kommt. Mit 14 Punkten aus den ersten sechs Spielen sehr gut gestartet, verlor die Mannschaft von Trainer Jan Kistenmacher zwar dann ihr Auswärtsspiel in Nordhausen (0:2), aber eine Serie von sieben Siegen aus den folgenden acht Begegnungen ließ den FSV ganz oben in der Tabelle ankommen. In dieser Erfolgsphase schafften es die Luckenwalder nicht nur, den Sieben-Punkte-Rückstand zum Spitzenreiter aus Leutzsch aufzuholen, sondern sich sogar einen Vorsprung von drei Zählern zu erarbeiten. Dabei profitierten die Blau-Gelben von einer Ergebniskrise der BSG, welche zwischen Ende Oktober und Anfang Dezember nur drei Punkte aus fünf Spielen einfuhr. Mit einer etwas unerwarteten 0:1-Heimniederlage gegen den Ludwigsfelder FC endete das Jahr 2018 für den FSV, der allerdings aufgrund des weitaus besseren Torverhältnisses gegenüber den Leutzschern die Herbstmeisterschaft feiern durfte.
Nach dieser klasse Hinrunde gelang es den Luckenwaldern auch in der zweiten Halbserie diese Leistungen fortzusetzen. Die besagte Niederlage am 08.12.2018 gegen Ludwigsfelde blieb seitdem die Letzte in der Meisterschaft, klare Siege gegen die Spitzenteams von Inter Leipzig und Eilenburg (jeweils 3:0) bestätigten eindrucksvoll die Aufstiegsambitionen des FSV. Mit einem 9:0-Heimsieg über Zorbau schoss man zusätzlich bisher den höchsten Sieg aller Teams in der diesjährigen Oberliga-Saison heraus.
Die Brandenburger wirkten schon in den ersten Begegnungen des Jahres 2019 extrem gefestigt. Vor allem ihr Offensivtrio Christian Flath (19 Saisontore), Takahiro Tanio (16) und Daniel Becker (11) wirbelten die Gegner regelrecht durcheinander – 46 der bisherigen 71 Treffer gehen auf das Konto dieser drei Akteure. Wie wichtig diese Troika für das Offensivspiel des FSV ist, verdeutlicht die Tatsache, dass die Kistenmacher-Elf nach den Verletzungen von Becker und Tanio etwas außer Tritt kam. Zwar verlor die Mannschaft in der Folgezeit kein Spiel, doch musste man sich sowohl daheim gegen Nordhausen (2:2), als auch in Rudolstadt (1:1) und Jena (2:2) jeweils mit Punkteteilungen zufriedengeben. Auch das letztwöchige 2:2-Remis daheim gegen den VfL Halle ist dabei absolut als Überraschung zu werten. Durch diese Unentschieden-Serie musste man die BSG Chemie in der Tabelle wieder auf sieben Punkte davonziehen lassen, doch rechtzeitig vor diesem Topspiel konnte der FSV den Rückstand auf vier Zähler verringern.
Grund dafür war der 3:0-Heimsieg am Mittwoch im Nachholspiel gegen Askania Bernburg, so dass die Mannschaft mit Selbstvertrauen im Alfred-Kunze-Sportpark antreten wird. Dabei verfügen die Brandenburger über einen sehr spielstarken Kader, die Balance zwischen Offensive und Defensive stimmt. Mit 71 Toren hat der FSV die meisten Treffer aller Teams erzielt, mit 24 Gegentoren hat man hinter Inter Leipzig (18) und den Leutzschern (22) die drittbeste Abwehr. Luckenwalde ist zusätzlich eine sehr kompakte Einheit, zudem haben viele Spieler den Vorteil, auf unterschiedlichen Positionen eingesetzt werden zu können.
Doch sorgte der Regionalliga-Absteiger nicht nur in der Meisterschaft eindrucksvoll für Furore, auch im Brandenburg-Pokal feierte die Elf durchaus Erfolgserlebnisse. Nach Siegen über Blau-Weiß Briesen (1:0), Preußen Blankenfelde-Mahlow (1:4), den FSV Bernau (4:1) und den Ludwigsfelder FC (6:3 nach Verlängerung) kam erst im Halbfinale für die Blau-Gelben das Stoppzeichen, als man daheim gegen Regionalligist Optik Rathenow nach großem Kampf mit 0:2 unterlag. Dadurch verpasste man zwar das Endspiel gegen den Drittligisten Energie Cottbus, doch kann man schon jetzt die Saison als sehr positiv bezeichnen. FSV-Trainer Jan Kistenmacher weist immer wieder auf das interne Ziel „Platz eins bis drei“ hin, so dass die Brandenburger dieses bereits vier Spieltage vor Schluss erreicht haben.
Die Leutzscher ihrerseits scharren schon mit den Hufen und können es kaum erwarten sich vor ausverkauftem Haus zu präsentieren. Lange haben die Jagatic-Schützlinge auf dieses Topspiel hingearbeitet. Durch extrem fokussierte und konzentrierte Trainingsleistungen hat die Mannschaft den Grundstein für diese sehr gute Ausgangsposition gelegt, in den Meisterschaftsspielen konnte man diese guten Eindrücke meist bestätigen. Natürlich ist es nicht immer einfach, gegen stark defensiv orientierte Mannschaften Woche für Woche Lösungen zu finden, doch 29 von möglichen 33 Rückrunden-Punkten verdeutlichen, dass die Truppe dies meist geschafft hat. So haben sich die Leutzscher mittlerweile eine Serie von zwölf ungeschlagenen Spielen in Folge aufgebaut – zuletzt verlor man Ende November 2018 in Eilenburg (0:2). Gut vorbereitet möchte man diese Euphorie natürlich weiter mitnehmen und diese Serie auch nach den 90 Minuten gegen Luckenwalde bestehen lassen. Doch dafür wird man gegen diesen sehr unbequemen Gegner über die komplette Spielzeit alles investieren müssen.
Die Mannschaft wird mit Sicherheit von den euphorischen Fans getragen – auch in kritischen Situationen standen die Zuschauer wie eine Wand hinter ihrer Truppe. Dafür gilt unserem „12. Mann“ schon jetzt ein riesiges Kompliment – eigentlich ist die Unterstützung der Leutzscher Fans nicht in Worte zu fassen. So wird sich der ausverkaufte Alfred-Kunze-Sportpark mit Sicherheit in ein Tollhaus verwandeln und über 90 Minuten lang wird der BSG-Anhang richtig Rambazamba veranstalten. Dann muss der Funke einzig auf die Mannschaft überspringen, doch einer zusätzlichen Motivation sollte es für die Truppe im Vorfeld eigentlich nicht bedürfen. Die Kulisse wird die Elf auf dem Rasen nach vorn peitschen, zumal das Hinspiel bei allen Leutzscher Akteuren noch tief in den Köpfen verankert ist. Anfang November erwischte die BSG in Luckenwalde einen rabenschwarzen Tag und ging im Werner-Seelenbinder-Stadion sang- und klanglos mit 0:5 unter. Dabei war man in den 90 Minuten mit dem Ergebnis noch bestens bedient, leicht hätte die Niederlage noch höher ausfallen können. Dieses Spiel hat man im BSG-Lager mit Sicherheit nicht vergessen, zumal man zeitweise von den Brandenburgern mit dem Nasenring durch die Manege geführt wurde. Dies gipfelte darin, dass der FSV bei einer Strafstoß-Ausführung die Chemiker komplett lächerlich machen wollte, was jedoch dank BSG-Keeper Julien Latendresse-Levesque misslang.
Die Mannschaft brennt daher auf Revanche, ohne jedoch zu überdrehen. Man wird keinem Zweikampf aus dem Weg gehen, über 90 Minuten alles investieren und in die Waagschale werfen. Dringend erforderlich ist zweifelsohne eine kompakte Defensive und jede Menge Ideen und Spielwitz im Vorwärtsgang. Sollte dies gelingen, ist man guten Mutes auch aus dieser Begegnung ein zählbares Resultat zu erzielen. Personell ist soweit alles an Deck, wenn man mal die Langzeitverletzten Sebastian Berg, Lars Schmidt und Florian Kirstein ausklammert. Kapitän Stefan Karau hat seine Gelbsperre in Hohenstein-Ernstthal abgesessen, auch der zuletzt verletzungsbedingt fehlende Marc Böttger hat in dieser Woche ebenso wieder trainiert, wie Kai Druschky, der sich in Westsachsen eine leichte Blessur am Arm zuzog. Ein kleines Fragezeichen steht einzig hinter dem Einsatz von Max Keßler, der in dieser Woche leicht kränkelte.
Schiedsrichter des Topspiels am Sonntag ist der 20-jährige Richard Lorenz aus Bad Langensalza. Für den Thüringer ist es bereits der elfte Saison-Einsatz in der Oberliga Süd. Gegen Hohenstein-Ernstthal (0:0) machte er bereits Bekanntschaft mit dem Alfred-Kunze-Sportpark. Mit dem FSV Luckenwalde hat Lorenz in dieser Serie noch keine Berührungspunkte gehabt. Assistiert wird der Referee von Florian Butterich (Adelhausen) und Johannes Drößler (Gotha).