
Gelingt Max Keßler gegen Zorbau der Saisontreffer Nummer vier? (Foto: Christian Donner)
Es war ein turbulenter Wochenanfang in Leutzsch. Mit dem 2:2 (1:1)-Heimunentschieden am letzten Samstag gegen die BSG Wismut Gera wartet die BSG Chemie Leipzig seit fünf Oberliga-Spielen auf einen Sieg. Die Tabellenführung wurde dadurch an den FSV Luckenwalde abgegeben. Für den verdienstvollen Trainer Dietmar Demuth, der den Verein durch die Erfolge in den letzten Jahren aus der sportlichen Bedeutungslosigkeit hievte, hatte dieses Remis allerdings schwerwiegende Folgen. Das Heimspiel gegen die Ostthüringer sollte nach knapp dreijähriger Amtszeit seine letzte Begegnung auf der sportlichen Kommandobrücke der BSG werden, am Dienstag wurde er von seinen Aufgaben entbunden. Der Vorstand sah die Ziele aufgrund der letzten negativen Ergebnisse extrem gefährdet, innerhalb weniger Wochen verspielten die Grün-Weißen in der Tabelle einen komfortablen Sieben-Punkte-Vorsprung und haben nun einen Rückstand von drei Zählern auf den Spitzenreiter FSV Luckenwalde. „Mit der sportlichen Situation unserer Mannschaft sind wir insgesamt absolut unzufrieden“, begründete Andy Müller, Sportlicher Leiter der BSG Chemie, diesen Schritt. Bis zur Winterpause wird die Elf von Demuths Assistenten Christian Sobottka betreut, der in den letzten zwei Begegnungen des Jahres als Interimstrainer verantwortlich sein wird. Neben dem Oberligaspiel gegen den Neuling SV Blau-Weiß Zorbau steht am nächsten Samstag noch das Sachsenpokal-Viertelfinale gegen den 1. FC Lokomotive Leipzig auf dem Programm, ehe sich die Leutzscher erst einmal in die dringend benötigte Winterpause verabschieden. Der volle Fokus liegt jedoch erst einmal auf der Partie gegen den Aufsteiger aus dem Burgenlandkreis. Nach diesen sehr unruhigen Tagen ist es das unbedingte Ziel, sich mit einem Erfolg aus dem Oberligajahr 2018 zu verabschieden. Die Sieglos-Serie von fünf Begegnungen soll gegen das aktuelle Tabellen-Schlusslicht unbedingt durchbrochen werden, was zusätzlich für etwas Ruhe in den nächsten Tagen sorgen könnte. Demzufolge gilt es, alles andere in den Hintergrund zu rücken – das Heimspiel gegen Zorbau genießt eine unwahrscheinlich große Bedeutung. Der Anstoß im Alfred-Kunze-Sportpark erfolgt am Samstag um 13.00 Uhr.
Ein kleiner Ort im Süden Sachsen-Anhalts geriet Anfang August diesen Jahres schlagartig in den Mittelpunkt. Zorbau, ein Ortsteil von Lützen mit nicht einmal 1000 Einwohnern, wurde Spielort der NOFV-Oberliga Süd. Nach dem Verzicht des BSV Halle-Ammendorf stieg der SV Blau-Weiß Zorbau als Vizemeister der Verbandsliga Sachsen-Anhalt in die Oberliga auf und hatte bereits am 1. Spieltag ein echtes Highlight auf ihrem Sportplatz zu organisieren. Der Regionalliga-Absteiger BSG Chemie Leipzig gab seine Visitenkarte in Zorbau ab, mehr als 1500 Leutzscher Fans machten sich auf den kurzen Anreiseweg in den Burgenlandkreis. Eine ähnliche Zuschauerkulisse hatte man beim Aufsteiger vorher noch nicht zu bewältigen, es herrschte absoluter Ausnahmezustand. Allerdings konnte man im Nachhinein die Gastgeber bezüglich der organisatorischen Umsetzung am Spieltag nur auf das Herzlichste beglückwünschen. Der SV Blau-Weiß Zorbau setzte diesbezüglich eine erste Duftmarke in der Oberliga. Dies traf mit Sicherheit auch auf das Sportliche zu, als man den Chemikern nach einem offenen Kampf letztlich nur mit 1:2 unterlag. Allerdings war die Anfangs-Euphorie in Zorbau nur von kurzer Dauer. Man hatte fortan große Probleme sich den höheren Anforderungen in der neuen Spielklasse anzupassen und geriet schnell an das Tabellenende der Oberliga. Nach zwölf Spieltagen hatte der Aufsteiger erst magere drei Punkte auf dem Konto, welche sich aus drei Unentschieden gegen Krieschow, Ludwigsfelde (jeweils 0:0) und Gera (1:1) zusammensetzten. Erst in der 13. Runde konnte man beim TV Askania Bernburg mit einem 3:1-Sieg den ersten dreifachen Punktgewinn einfahren. Dieser Auswärtserfolg sorgte beim Neuling allerdings für eine Art Initialzündung. Das folgende Heimspiel gegen den VFC Plauen drehte man in der Nachspielzeit in einen 2:1-Sieg um, beim VfL Halle erreichte man am letzten Wochenende immerhin ein 1:1-Unentschieden. So sind die Zorbauer seit drei Spielen ohne Niederlage, wenn man mal die zwischenzeitliche 0:4-Niederlage im Sachsen-Anhalt-Pokal gegen den Drittligisten Hallescher FC außer Acht lässt. Die Mannschaft von Trainer Maik Kunze ist mit aktuell zehn Punkten zwar immer noch Tabellenletzter, doch ist man mittlerweile in der Oberliga angekommen. Die Konkurrenten Bernburg, Ludwigsfelde (jeweils 14 Zähler), Rudolstadt, Halle (beide 15) und Hohenstein-Ernstthal (16) sind wieder in Reichweite, so dass man im Süden Sachsen-Anhalts recht zuversichtlich auf die bevorstehende Rückrunde blickt.
Im Kader der Blau-Weißen sind durchaus einige Akteure mit Leutzscher Vergangenheit zu finden. Fabian Schößler sowie Falko Löser wurden im Nachwuchsbereich des damaligen FC Sachsen Leipzig ausgebildet und wechselten im Anschluss daran in den Herrenbereich. Während Löser ausschließlich in der II. Mannschaft auf Einsatzzeiten kam, hat Schößler immerhin drei Oberliga-Spiele beim FC Sachsen unter Trainer Dirk Heyne auf seiner Visitenkarte stehen. Mit Andreas Löser steht ein weiterer Spieler im Zorbauer Kader, welcher seine Jugendzeit in Leutzsch verbrachte. An das Hinspiel im August wird er jedoch aufgrund seiner Gelb-Roten Karte keine guten Erinnerungen haben. Im Vergleich zur Vorsaison hat der Aufsteiger seinen Kader weitgehend zusammengehalten, im Sommer durch gezielte Verstärkungen sowohl qualitativ als auch quantitativ weiter aufgebessert. Vom Oberliga-Absteiger SV SCHOTT Jena sicherte man sich die Dienste des angesprochenen Andreas Löser, Abwehrrecke Andy Haupt sowie Angreifer Marcel Kießling (Zorbauer Torschütze im Hinspiel). Weiterhin hat sich Niklas Hartmann (Hallescher FC A-Junioren) mittlerweile durchaus einen Stammplatz erarbeitet. Über die Qualitäten eines Fabian Schößler (Neuzugfang von IMO Merseburg) müssen keine großen Worte fallen, mit Michael Lerchl (ehemals RB Leipzig, SSV Markranstädt), Arno Dwars oder Kapitän Fabian Hietzscholdt stellen sie die Korsettstangen im Team dar. Zudem hofft man in Zorbau weiterhin auf die Treffsicherheit von Alexander Palme, der bisher viermal in der Saison traf. Palme gehörte zum Team der A-Junioren des damaligen FC Sachsen Leipzig, welcher in der Saison 2007/08 in der Bundesliga spielte. In der darauffolgenden Saison stellte der Angreifer seine Torjäger-Qualitäten in der A-Jugend-Regionalliga unter dem heutigen Leutzscher Torwarttrainer Harald Bellot abermals unter Beweis.
Für die BSG Chemie gibt es für das Heimspiel gegen den Aufsteiger nur ein Ziel: drei Punkte! Nach der Freistellung von Trainer Dietmar Demuth gibt es für die Mannschaft nun keine Ausreden mehr – jeder Einzelne ist nun auf dem Platz gefordert! Die Elf hat in den vergangenen Wochen einiges an Kredit verspielt, welchen man sich nun Schritt für Schritt zurückholen will. Doch dazu muss die Mannschaft einiges leisten. Es gilt in den 90 Minuten die Kräfte zu bündeln und sich gemeinsam aus dieser misslichen Lage zu befreien. Dass die Truppe durchaus genügend Potenzial besitzt, hat sie in den ersten zwei Dritteln der Hinrunde absolut bewiesen. Doch diese Qualitäten sind nun am Samstag dringend abzurufen, nachdem diese in den letzten Wochen auf das Schmerzlichste vermisst wurden. Interimstrainer Christian Sobottka hat die Elf unter der Woche in den Trainingseinheiten dementsprechend auf den Gegner vorbereitet, weiterhin ist sich die Mannschaft durchaus bewusst, dass sie jetzt absolut in der Pflicht ist. Allerdings ist man sich im Leutzscher Lager natürlich im Klaren, dass Zorbau den Schwung der letzten Spiele natürlich in den Alfred-Kunze-Sportpark mitnehmen will. Aus diesem Grund ist von jedem einzelnen Akteur das Abrufen seines maximalen Leistungspotenzials von Nöten. Sollte dies gelingen, stehen die Vorzeichen recht gut, das dringend benötigte Erfolgserlebnis einzufahren. Dazu gilt es jedoch in der Defensive eine ähnliche Stabilität an den Tag zu legen wie zu Saisonbeginn. Zehn Gegentore in den letzten vier Spielen sind einfach zu viel und decken die Probleme der Chemiker schonungslos auf. Am letzten Samstag gegen Gera wackelte man im Abwehrbereich ganz gewaltig, hier müssen die Grün-Weißen bedeutend kompakter auftreten. Doch auch im Offensivspiel klemmt derzeit die Säge. Man erspielt sich derzeit viel zu wenig Tormöglichkeiten, drei Treffer – davon zwei Elfmetertore gegen Gera – aus den vergangenen fünf Begegnungen sprechen Bände. Kreativität, Spielwitz und Torabschlüsse sind gefragt – auch aus Ecken und Freistößen müssen die Leutzscher bedeutend zielstrebiger agieren. In den 90 Minuten muss der Rasen brennen, auch in Sachen Zweikampfführung muss deutlich zugelegt werden. Der Funke auf dem Platz soll auf die treue Fanschar überspringen, welche sich durch ihre Unterstützung absolut wieder einen Sieg verdient hat. Auch wenn nicht alles klappen wird, die Zuschauer müssen spüren, dass die Mannschaft unbedingt will. Dabei kommt es dem Chemie-Interimscoach ganz gelegen, dass einiges an Personal zurückkehrt. Benjamin Schmidt und Marc Böttger haben ihre Blessuren ausgeheilt, auch Kai Druschky wird nach seiner Verletzung zurück in den Kader stoßen. Weiterhin fehlen werden dagegen Andy Wendschuch (Oberschenkel) und Florian Kirstein (Bruch der Speiche).
Etwas Kurioses gibt es von der Schiedsrichter-Ansetzung zu berichten. Wie bereits im Hinspiel im August wurde der 22-jährige Johannes Drößler (Gotha) mit der Spielleitung beauftragt. Sicherlich tritt dieser Fakt auch nicht so oft ein, dass ein Referee binnen einer Saison sowohl das Hin- als auch das Rückspiel einer Begegnung leitet. Mit den Zorbauern hatte Drößler zusätzlich ein weiteres Mal – beim 2:1-Heimsieg gegen Plauen – das Vergnügen. An den Linien wird er assistiert von Florian Butterich (Adelhausen) und Dirk Honnef (Gotha). Wir wünschen dem Schiedsrichter-Kollektiv ein gutes Amtieren in Leutzsch und freuen uns auf ein stimmungsvolles Spiel!