Wird uns gegen Inter schmerzlich fehlen: Manuel Wajer. (Foto: Christian Donner)
Nun ist es also passiert: Oberliga-Spitzenreiter BSG Chemie Leipzig hat seine erste Saison-Niederlage in der Meisterschaft einstecken müssen. Nach einer unterirdischen Vorstellung verlor die Mannschaft von Trainer Dietmar Demuth das Spitzenspiel beim unmittelbaren Verfolger FSV Luckenwalde klar mit 0:5 (0:3) und konnte dabei letztlich noch froh sein, dass die Niederlage nicht noch höher ausfiel. Dabei erreichte nicht ein einziger Spieler auch nur annähernd Normalform, als Kollektiv erwischte die Elf am Samstag einen gebrauchten Tag. Bereits nach knapp einer halben Stunde lagen die Leutzscher nach kapitalen individuellen Fehlern schier aussichtslos mit 0:3 im Hintertreffen, eine zusätzliche Gelb-Rote Karte gegen Manuel Wajer (34.) ließ eine Wende im Spiel als Utopie erscheinen. Im Spiel nach vorn kamen die Grün-Weißen über die gesamten 90 Minuten über Ansätze nicht hinaus, gegen den Ball lief man von einer Verlegenheit in die nächste. So mussten die Chemiker letztlich eine derbe Packung hinnehmen, Luckenwalde verkürzte dadurch den Rückstand in der Tabelle auf vier Punkte.
Allerdings werden die Leutzscher nicht den Fehler machen und jetzt alles schlecht reden – dafür hat die Truppe im ersten Drittel der Saison bisher einfach viel zu viel geleistet. Zwölf Spiele, zehn Siege, ein Unentschieden, eine Niederlage – es gibt Mannschaften, die sich solch eine Zwischenbilanz wünschen würden. Man wird diese Partie in Luckenwalde mit Sicherheit schonungslos auswerten und am kommenden Samstag um 13.30 Uhr im Heimspiel gegen den FC International Leipzig eine deutliche Reaktion zeigen.
Obwohl personell alle Akteure an Deck waren, liefen die Chemiker von Beginn an der Musik hinterher. Luckenwalde war von Beginn an präsenter und zielstrebiger, so dass die Brandenburger frühzeitig der Partie ihren Stempel aufdrückten. Das erste Achtungszeichen setzte Borowski, welcher BSG-Keeper Julien Latendresse-Levesque auf die Probe stellte (7.). Die Chemiker fanden anfangs überhaupt keine Bildung zum Spiel und fingen sich frühzeitig den ersten Gegentreffer ein. Andy Wendschuch unterlief bei einer Freistoßausführung ein folgenschwerer Fehlpass – FSV-Torjäger Tanio blieb auf dem Weg zum BSG-Gehäuse zunächst gegen Kapitän Stefan Karau Sieger und ließ anschließend Latendresse-Levesque mit einem Flachschuss keine Abwehrchance – 1:0 (11.). Doch damit noch nicht genug. Ehe sich die Leutzscher schütteln konnten, lag die Kugel abermals im eigenen Tor. Flath zirkelte einen Freistoß gekonnt über die Mauer und ließ den Anhang der Gastgeber zum zweiten Mal jubeln – 2:0 (13.).
Schlimmer hätte aus Chemie-Sicht kaum beginnen können, auch in der Folgezeit trat im Leipziger Spiel allerdings kaum Besserung ein. Missverständnisse, Unzulänglichkeiten und Fehlpässe prägten das Geschehen auf BSG-Seite, torgefährliche Aktionen waren absolute Mangelware. Einzig Kai Druschky versuchte sich mit einem Schuss von der Strafraumgrenze, doch stellte dies für Filatow im FSV-Gehäuse kein Problem dar (23.). Stattdessen handelte man sich kurzerhand den dritten Gegentreffer der Marke Slapstick ein, welcher zu der Vorstellung der Grün-Weißen an diesem Tag absolut passen sollte. Nach einem Rückpass von Manuel Wajer schoss Schlussmann Latendresse-Levesque völlig unmotiviert den herannahenden Tanio an, von dessen Knie die Kugel zum 3:0 ins Netz trudelte (28.).
Es war eine aus Leutzscher Sicht absolut unfassbare erste halbe Stunde, es kam quasi alles Negative zusammen. Doch damit war längst noch nicht genug. Nachdem Manuel Wajer im Anschluss an ein Gerangel mit Flath bereits von Glück reden konnte dafür nur mit Gelb bestraft worden zu sein (26.), handelte er sich vier Minuten später nach einem Foulspiel an Borowski die Gelb-Rote Karte ein (30.). 0:3 in Rückstand, fortan in Unterzahl – diese Aufgabe sollte für die Leutzscher an diesem Tag nicht mehr zu bewältigen sein. Zwar scheiterte Druschky mit einem Flachschuss abermals an Filatow (34.), doch bereits mit dem nächsten Luckenwalder Angriff sollte sich das nächste Unheil anbahnen. Lars Schmidt ließ im eigenen Strafraum Gegenspieler Flath über die Klinge springen, Schiedsrichter Wartmann (Großvargula) zeigte sofort auf den Punkt. Bei der Ausführung wollten die Gastgeber ihren taumelnden Gegner allerdings komplett lächerlich machen, was letztlich auch in die Hose ging. Elfmeterschütze Hadel tippte die Kugel nur ganz kurz nach vorn an, doch der heranrauschende Becker fand im rechtzeitig herauslaufenden Latendresse-Levesque seinen Meister (38.). Zeitweise musste man regelrecht Angst um die Grün-Weißen haben, bereits zur Pause drohte ein Debakel. Kurz vor der Halbzeit gaben die Leutzscher dann jedoch mal zwei Lebenszeichen ab. Zunächst trudelte ein Druschky-Freistoß an Freund und Feind vorbei (39.), anschließend scheiterte der frei durchgebrochene Alexander Bury per Heber am gut reagierenden Filatow (45.+2). Ein Treffer kurz vor der Pause hätte der Chemie-Elf trotz der Unterzahl eventuell noch einmal ein psychologisches Momentum geben können, doch sollte die Aufgabe mit einem 0:3-Pausenrückstand in den zweiten 45 Minuten aussichtslos erscheinen.
So waren die Bemühungen der Demuth-Elf in der zweiten Hälfte zwar erkennbar, doch blieb die Mannschaft weiterhin viel zu fehlerhaft und konnte weiterhin kaum dagegenhalten. Luckenwalde wirkte an diesem Tag in allen Belangen deutlich besser, für die Leutzscher ging es fortan nur noch darum, ein einigermaßen erträgliches Ergebnis zu erzielen. Allerdings hatten die Brandenburger zunächst mit ihrem zielstrebigen Offensivspiel wenig Einsehen, bei Versuchen von Becker und Tanio musste Latendresse-Levesque jeweils beherzt eingreifen (50., 57.). Nach guter Vorarbeit von Borowski zog abermals Tanio von der Strafraumgrenze ab, doch auch hier blieb der Chemie-Torhüter der Sieger (62.). Dessen Gegenüber Filatow erlebte auch im zweiten Durchgang einen relativ ruhigen Nachmittag, einzig bei Schüssen von Daniel Heinze und Kai Druschky musste der Luckenwalder Schlussmann zupacken (61., 73.). In Sachen Offensiv-Qualität hatten die Brandenburger an diesem Tag deutliche Vorteile, was sich kurzerhand erneut im Ergebnis niederschlagen sollte. Sehr gut von Becker eingeleitet, scheiterte Borowski zwar zunächst an Latendresse-Levesque, doch der abgewehrte Ball sprang von Borowski per Bogenlampe zum 4:0 ins Leutzscher Tor (66.).
Nun waren jegliche Zweifel über den Ausgang der Partie endgültig beseitigt, fortan ging es aus Chemie-Sicht nur noch um Schadensbegrenzung. Dabei kam es der Demuth-Elf in der Folgezeit zweifelsohne entgegen, dass die Gastgeber die Begegnung in der Schlussphase etwas ruhiger angehen ließen. Nichtsdestotrotz musste Latendresse-Levesque abermals eingreifen, nachdem ihn erneut Borowski auf die Probe stellte (80.). Fünf Minuten vor Schluss sollte es allerdings noch einmal klingeln. Wie im Training ließen die Brandenburger die Kugel durch die eigenen Reihen laufen, nach Vorarbeit von Koplin konnte sich Becker frei vor dem Chemie-Tor quasi die Ecke aussuchen – 5:0 (85.). Zwar hätte Daniel Heinze gegen Ende für eine leichte Resultatsverbesserung sorgen können, doch setzte er einen Freistoß nur aufs Netz (88.).
Letztlich blieb es beim klaren 5:0 (3:0)-Heimsieg der Luckenwalder gegen eine an diesem Tag völlig indisponierte BSG Chemie Leipzig. Für die Leutzscher gilt es nun dieses Debakel in der kommenden Woche auszuwerten und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Die Art und Weise der ersten Saisonniederlage wirft natürlich einige Fragen auf, doch wird die Mannschaft auch darauf die richtige Antwort geben und sich am Samstag gegen International Leipzig mit absoluter Sicherheit ganz anders präsentieren. Mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch werden die Demuth-Schützlinge auf Wiedergutmachung aussein und damit diese Klatsche in Luckenwalde vergessen machen wollen
FSV 63 Luckenwalde – BSG Chemie Leipzig 5:0 (3:0)
FSV Luckenwalde: Filatow – Koplin, J. Schmidt (46. Kwiatkowski), Francisco, Hadel – Müller (86. Juhasz), Becker – Hennig, Flath (67. Arnold) , Borowski – Tanio – Trainer: Kistenmacher
BSG Chemie Leipzig: Julien Latendresse-Levesque – Manuel Wajer, Stefan Karau, Benjamin Schmidt, Lars Schmidt (41. Philipp Wendt) – Andy Wendschuch (41. Branden Stelmak), Marc Böttger – Florian Schmidt, Daniel Heinze, Bury (70. Marko Trogrlic) – Kai Druschky – Trainer: Dietmar Demuth
Schiedsrichter: Wartmann (Großvargula) – Schiedsrichter-Assistenten: Wilske (Bretleben), Channir (Berlin)
Tore: 1:0 Tanio (11.), 2:0 Flath (13.), 3:0 Tanio (28.), 4:0 Borowski (66.), 5:0 Becker (85.)
Gelb-Rote Karte: Manuel Wajer (30., BSG Chemie Leipzig, wdh. Foulspiel)
besondere Vorkommnisse: Julien Latendresse-Levesque hält Foulstrafstoß (Lars Schmidt an Flath) von Becker (38.)
Zuschauer: 1018 im Werner-Seelenbinder-Stadion zu Luckenwalde (ca. 600 Chemiker)