Voller Einsatz ist gefragt – wie hier von Daniel Heinze. (Foto: Christian Donner)
Es war ein sensationeller Fußballabend am letzten Dienstag. Der 30.10.2018 wird definitiv in die Geschichtsbücher der BSG Chemie Leipzig eingehen. Zum allerersten Mal erstrahlte zu einem Pflichtspiel das Flutlicht im Alfred-Kunze-Sportpark, die Fans in der restlos ausverkauften Spielstätte brannten über die 90 Minuten ein wahres Feuerwerk ab, die Mannschaft zeigte sich trotz der 0:3 (0:2)-Niederlage gegen den Zweitligisten SC Paderborn von ihrer besten Seite. Es war mehr als nur ein würdiger Rahmen für eine 2. Hauptrunde im DFB-Pokal, dieser Abend hat die Leutzscher mit Sicherheit nun in ganz Deutschland bekannt gemacht. Mit stehenden Ovationen wurde die Mannschaft von Trainer Dietmar Demuth im Anschluss an die Partie von den Fans gefeiert, da spielte auch die Niederlage eher eine untergeordnete Rolle. Die Mannschaft hat Werbung in eigener Sache betrieben, der Chemie-Anhang sorgte für Gänsehaut-Atmosphäre pur – es war eine rundherum gelungene Veranstaltung.
Nachdem die Leutzscher gestärkt aus dem Abenteuer DFB-Pokal hervorgehen, ist man nun bestrebt in den zwei verbleibenden Wettbewerben weiterhin für Furore zu sorgen. Im Sachsenpokal hat man sich für das Achtelfinale qualifiziert und hat am 17.11. um 13.30 Uhr beim Landesklasse-Vertreter SV Fortuna Trebendorf eine durchaus machbare Aufgabe vor der Brust. Absolute Priorität hat für die BSG jedoch die Meisterschaft in der Oberliga, wo man mit zehn Siegen und einem Remis aus elf Spielen unangefochten an der Tabellenspitze liegt. Auch wenn man am vergangenen Samstag beim torlosen 0:0 daheim gegen Hohenstein-Ernstthal die ersten Punkte abgab, es ist schon absolut grandios wie sich die Demuth-Elf im ersten Saisondrittel aus der Affäre gezogen hat. Der Vorsprung vor dem zweitplatzierten FSV Luckenwalde beträgt bereits sieben Punkte. Und wie es der Zufall will, kommt es am Wochenende zum direkten Duell mit den Brandenburgern. Das Oberliga-Topspiel im Luckenwalder Werner-Seelenbinder-Stadion steigt am Samstag um 14.00 Uhr.
Genau wie die BSG Chemie mussten die Gastgeber in der letzten Saison den bitteren Regionalliga-Abstieg in Kauf nehmen. Allerdings stand, im Gegensatz zu den Leutzschern, die Oberliga-Rückkehr bereits schon viel früher fest. In den 34 Spielen konnte der FSV nur neun Punkte einfahren, einzig die Auswärts-Partie bei Viktoria Berlin konnte mit 3:2 gewonnen werden. Auch wenn man insgesamt drei Trainer verschliss, mussten die Brandenburger in der letzten Serie einsehen, dass die Qualität für die Regionalliga nicht ausreicht. Mitte Oktober 2017 musste Erfolgstrainer Ingo Nachtigall nach einer 0:2-Niederlage in Neugersdorf gehen – fünf Zähler aus elf Spielen waren dafür die Ursache. Für zwei Spiele übernahm Gerald Ritter interimsmäßig die Mannschaft, doch auch unter ihm sollte sich der Erfolg nicht einstellen (1:4 daheim gegen Neustrelitz, 0:2 in Cottbus). Anfang November wurde Sven Thoß als neuer Cheftrainer in Luckenwalde vorgestellt, doch auch er konnte die Brandenburger nicht vor dem Abstieg in die Oberliga bewahren. So war nach drei Serien das Kapitel Regionalliga für die Blau-Gelben beendet, mit einem völlig veränderten Kader startete der FSV einen Neubeginn in der Oberliga. Frühzeitig erwiesen sich dabei die Neuzugänge Christian Flath (Hansa Rostock II), Antonin Hennig (SV Babelsberg) und Tobias Francisco (Blau-Weiß 90 Berlin) als absolute Verstärkungen und wurden sofort zu Stammspielern. Mit der Rückholaktion von José Raimundo da Silva Magalhaes (1. FC Frankfurt/Oder) ergab sich im Offensivbereich eine weitere Option. Auch auf der sportlichen Kommandobrücke gab es eine Änderung. Seit Sommer ist Jan Kistenmacher verantwortlich für die Mannschaft, welche sehr gut in die neue Saison gestartet ist. Aus den ersten elf Oberliga-Spielen holten die Brandenburger immerhin 24 Punkte, einzig in Nordhausen zog die Elf bisher mit 0:2 den Kürzeren. Ansonsten bestechen die Luckenwalder im ersten Drittel der Saison durch ihre Heimstärke. Im schmucken Werner-Seelenbinder-Stadion konnte der FSV vier ihrer fünf Begegnungen siegreich gestalten, einzig beim 1:1 gegen Inter Leipzig konnte man nicht die volle Punktzahl einfahren. Prunkstück der Brandenburger ist zweifelsohne ihre Offensivabteilung. Daniel Becker, welcher nach einem zweijährigen Intermezzo beim 1. FC Lok Leipzig in der vergangenen Saison nach Luckenwalde zurückgekehrt ist, sowie der Japaner Takahiro Tanio bestechen beide durch ihre Spielintelligenz und ihre Abgeklärtheit vor dem gegnerischen Gehäuse. Sowohl Becker als auch Tanio haben bisher sechs Saisontreffer erzielt und damit fast die Hälfte aller Luckenwalder Tore (25) beigesteuert. Insgesamt verfügen die Brandenburger über eine homogene Einheit, welche mit Sicherheit bis zum Saisonende in den oberen Gefilden der Oberliga zu finden sein wird.
Für die Chemiker beginnt nach dem Highlight DFB-Pokal nun wieder der Alltag. Nichtsdestotrotz haben Trainer Dietmar Demuth und sein Assistent Christian Sobottka auch aus dem Paderborn-Spiel wieder einige Erkenntnisse gewonnen, welche für den weiteren Saisonverlauf von entscheidender Bedeutung sein können. So fahren die Leutzscher durchaus mit genügend Selbstvertrauen nach Luckenwalde, wohl wissend, dass man überhaupt keinen Druck hat. Wenn die Gastgeber näher an die Chemiker herankommen wollen, müssen sie dieses Heimspiel gewinnen, ansonsten wird sich an der Konstellation nichts ändern. Dies dürfte der BSG zusätzlich entgegenkommen, da man bisher in der Oberliga meist gegen Kontrahenten spielte, die ihre Priorität auf die Defensivaufgaben legten. Vor heimischer Kulisse wird Luckenwalde mit Sicherheit selbst die Initiative ergreifen wollen, was dem Spiel insgesamt nur gut tun würde. Allerdings ist von jedem Chemie-Akteur wieder eine hundertprozentige Leistungsbereitschaft einzufordern. Nur wenn jeder Spieler seine individuellen Fähigkeiten ins Team einbringt und wenn die Elf als Kollektiv auftritt, kann man auch in Brandenburg etwas mitnehmen. Doch ist die Mannschaft gut vorbereitet und ist in den einzelnen Einheiten sehr fleißig und fokussiert – auch die gerade sehr mäßigen Trainingsbedingungen verdrängt sie komplett. So ist man auch personell gut aufgestellt, um dieses schwierige Auswärtsspiel erfolgreich zu bestreiten. Sollte sich zum Abschlusstraining kein Akteur mehr verletzen, kann Trainer Dietmar Demuth aus dem Vollen schöpfen. Auch Philipp Wendt, der gegen Paderborn nach einem groben Foulspiel mit Rot vom Platz gestellt wurde, kann die Reise mit nach Luckenwalde antreten. Seine Sperre bezieht sich auf drei Pokalspiele jeglicher Art, sein Oberliga-Spielrecht bleibt von dem Feldverweis unberührt. Eine besondere Begegnung ist es mit Sicherheit für Florian Schmidt. In Luckenwalde geboren, erlernte er beim FSV das Fußballspielen und kehrte nach sieben Jahren bei Energie Cottbus (2004 – 2011) ins Werner-Seelenbinder-Stadion zurück. Aufgrund seines Studiums wechselte er im Sommer 2016 zur BSG Chemie.
Natürlich ist sich auch der NOFV über die Wichtigkeit der Partie bewusst und hat einen der erfahrensten Schiedsrichter in seinen Reihen mit der Spielleitung beauftragt. So wird der 38-jährige Marko Wartmann aus dem thüringischen Großvargula die Begegnung leiten. Zuletzt hatte die BSG mit dem Referee recht gute Erfahrungen, als man in der vergangenen Regionalliga-Saison in Fürstenwalde mit 2:1 gewann. An den Linien bekommt er Unterstützung von Michael Wilske (Bretleben), der ebenfalls in der Regionalliga eingestuft ist, sowie vom Berliner Tom Channir, der die Leutzscher zuletzt daheim gegen Sandersdorf (3:1) pfiff.
Wir wünschen dem Schiedsrichterkollektiv ein glückliches Händchen bei der Leitung der Partie und allen Fans und Zuschauern ein spannendes Spitzenspiel. Möge der Bessere gewinnen!