Es hat einmal nicht sollen sein… (Foto: Christian Donner)
Die BSG Chemie Leipzig hat zum ersten Mal in der Oberliga-Saison Punkte abgegeben. Nach 90 Minuten kamen die Leutzscher gegen Aufsteiger VfL 05 Hohenstein-Ernstthal im heimischen Alfred-Kunze-Sportpark nicht über ein 0:0-Unentschieden hinaus – ein Ergebnis, welches die Gäste wie einen Sieg feierten. Dabei gelang es den Grün-Weißen über 75 Minuten leider nicht, gegen einen im Defensivverbund kompakten und gut organisierten Gegner den gewünschten Druck aufzubauen. Die Chemiker agierten über weite Strecken der Partie viel zu tempolos und ohne Spielwitz, so dass es den Westsachsen teilweise auch sehr einfach gemacht wurde das Tor zu verteidigen. Erst in der letzten Viertelstunde gelang es der Mannschaft von Trainer Dietmar Demuth der Partie den eigenen Stempel aufzudrücken, doch schaffte es die Elf nicht, die sich bietenden klaren Möglichkeiten in der Endphase zu nutzen. So mussten sich die Chemiker letztlich mit dem torlosen Remis zufrieden geben, wohl wissend, dass 15 druckvolle Minuten nicht ausreichen um ein Heimspiel gewinnen zu können. Da allerdings auch der Tabellenzweite aus Luckenwalde in Halle nur unentschieden spielte (1:1), bleibt der Sieben-Punkte-Vorsprung zum ersten Verfolger aus Brandenburg unversehrt.
Dabei hatten BSG-Coach Demuth und sein Assistent Christian Sobottka im Vorfeld der Begegnung immer wieder gewarnt. Natürlich ist die DFB-Pokal-Partie am Dienstag um 18.30 Uhr gegen den Zweitligisten SC Paderborn in aller Munde, doch hat die Oberliga absolute Priorität. Demzufolge lag der Fokus zu einhundert Prozent auf dem Heimspiel gegen Hohenstein-Ernstthal – mit einem Erfolgserlebnis gegen den Neuling sollte weiter Selbstvertrauen getankt werden.
Allerdings sah die Realität zunächst ganz anders aus. Der Gast aus Westsachsen legte erwartungsgemäß sein Hauptaugenmerk auf die Defensive, die Chemiker fanden im Offensivspiel zunächst kaum Lösungen. Zwar hatten die Leutzscher deutliche Feldvorteile, doch reicht Ballbesitz nicht immer aus. So schafften es die Grün-Weißen nur allzu selten, den massiven Abwehrblock der Gäste in Bewegung zu bringen. Es fehlte deutlich an Tempo und an Ideen. So war der Aufsteiger kaum in Verlegenheit zu bringen, der mit dem Ziel antrat, möglichst lange die Null zu halten. Aufgrund der Vielzahl von Unzulänglichkeiten im Ballvortrag bei der BSG gelang es dem Aufsteiger vor allem im ersten Durchgang einige Nadelstiche nach vorn zu setzen. So setzte Enold einen zu kurz abgewehrten Ball knapp am Tor vorbei (13.), nach guter Vorarbeit von Schmeling scheiterte Blankenburg am aufmerksamen Julien Latendresse-Levesque im Chemie-Tor (36.).
Ansonsten war der Tabellenführer natürlich spielbestimmend, doch zwingend wurde man vor dem Hohensteiner Gehäuse kaum. Nach einem Einwurf von Manuel Wajer und anschließender guter Ablage von Branden Stelmak setzte Daniel Heinze seinen Versuch etwas zu hoch an (15.), bei einem Freistoß von Kai Druschky und einem abgefälschten Schuss von Branden Stelmak zeigte sich Petkov im Gäste-Tor auf dem Posten (22., 42.). Ansonsten passierte vor dem gegnerischen Gehäuse rein gar nichts, nach aus Chemie-Sicht enttäuschenden ersten 45 Minuten wurden daraufhin die Seiten gewechselt.
Auch zu Beginn des zweiten Durchgangs sollte sich am Spielverlauf recht wenig ändern. Die Leutzscher bleiben zwar deutlich feldüberlegen, doch herrschte vor dem Hohensteiner Tor absolute Ebbe. Die Gäste waren frühzeitig nur noch darauf bedacht, die Kompaktheit ihrer Defensive beizubehalten, im Offensivspiel kam der Aufsteiger fortan kaum noch über Ansätze hinaus. So spielte sich das Geschehen in der Folgezeit ausschließlich in der Hälfte der Westsachsen ab, doch dauerte es lange bis die BSG für etwas Torgefahr sorgte. Nach einem Eckball von Daniel Heinze fand ein Kopfball von Alexander Bury nur die auffangbereiten Hände von VfL-Keeper Petkov (60.), nach erneuten Heinze-Ecke brachte Stefan Karau per Kopf den Ball zurück in die Gefahrenzone, doch nickte Philipp Wendt die Kugel aus Nahdistanz knapp vorbei (66.). Hinzu kam auch etwas Pech, als Alexander Bury nach einer Flanke von Lars Schmidt per Kopf nur die Querlatte traf (65.). Nichtsdestotrotz investierten die Leutzscher auch in dieser Phase einfach zu wenig. Das Tempo war weiterhin viel zu überschaubar, die Fehlerquote im Passspiel weiterhin zu hoch, so dass die Gäste langsam am Auswärtspunkt zu schnuppern begannen.
Erst in der Schlussviertelstunde legten die Chemiker nochmal eine Kohle drauf. Auf einmal baute man Druck auf, so dass sich Tormöglichkeiten fast zwangsläufig ergeben sollten. Als der einschussbereite Marc Böttger um ein Haar von einer unübersichtlichen Situation im Gäste-Strafraum profitierte, im letzten Moment jedoch abgeblockt wurde, war das Leutzscher Signal gesetzt (75.). Auf einmal spielte die Demuth-Elf deutlich zielstrebiger, zeitweise holte man sich Hilfe von der berühmten Brechstange. Sehr gut von Alexander Bury eingeleitet, hätte der eingewechselte Max Keßler den Führungstreffer erzielen müssen, doch allein vor Petkov verfehlte er etwas zu überhastet das Tor (83.). Wenig später war erneut Alexander Bury mit einer flachen Eingabe Ausgangspunkt der nächsten Möglichkeit, doch zögerte Philipp Wendt im Torabschluss viel zu lange, so dass die Gäste diese brenzlige Situation im letzten Moment bereinigen konnten (87.). Die BSG ließ jetzt nicht locker, eine Unmenge an hohen Bällen flog fortan in den Strafraum der Westsachsen. Sehenswert verlängerte Alexander Bury per Kopf einen langen Diagonalball von Lars Schmidt genau in den Lauf von Max Keßler, der jedoch aus vielversprechender Position an Petkov scheiterte (88.). Hohenstein-Ernstthal sehnte nur noch den Schlusspfiff herbei, Angriff auf Angriff rollte auf das Tor des Neulings. Nach kurzer Eckball-Ausführung des eingewechselten Florian Schmidt hätte Philipp Wendt eine Eingabe von Daniel Heinze fast veredelt, doch kratzte Petkov das Streitobjekt aus dem unteren Eck (89.). Jetzt, als es fast zu spät war, baute die BSG unheimlichen Druck auf. Allerdings muss sich die Elf den Vorwurf gefallen lassen, dies nicht viel eher getan zu haben und die sich nun bietenden Gelegenheiten nicht konsequent zu nutzen. Nichtsdestotrotz hätte sich die Leutzscher Fanschar kurz vor dem Abpfiff noch in den Armen liegen können, besaßen die Chemiker noch einen Hochkaräter. In Folge eines Heinze-Eckballs kam Alexander Bury aus vielversprechender Position zum Abschluss, doch traf er den Ball nicht voll, so dass die Kugel letztlich am Tor vorbeistrich (90.+4).
So blieb es in der Endkonsequenz beim torlosen Unentschieden, welches die Grün-Weißen zähneknirschend hinnehmen müssen. Es bleibt das Geheimnis der Truppe, warum man erst so spät in die Gänge kam, doch wird es auch solche Spiele immer wieder geben. Im Endeffekt stehen nach elf Oberliga-Spielen zehn Siege und ein Unentschieden zu Buche – eine absolut überragende Bilanz, welche eigentlich gar nicht in Worte zu fassen ist. Am Dienstag steht nun die Belohnung für diese bisher sensationelle Saison an, wenn man um 18.30 Uhr in der 2. Hauptrunde des DFB-Pokals den Zweitligisten SC Paderborn empfängt. Zum allerersten Mal überhaupt wird im Alfred-Kunze-Sportpark unter Flutlicht gekickt, seit Wochen ist diese Partie restlos ausverkauft. Die Leutzscher sind in dieser Begegnung krasser Außenseiter, können frei aufspielen und haben absolut nichts zu verlieren. Und vor allem soll die Mannschaft diesen Moment genießen! Dies hat sie sich bisher absolut verdient!
BSG Chemie Leipzig – VfL 05 Hohenstein-Ernstthal 0:0
BSG Chemie Leipzig: Julien Latendresse-Levesque – Manuel Wajer, Stefan Karau (MK), Benjamin Schmidt, Lars Schmidt – Andy Wendschuch (78. Florian Schmidt), Daniel Heinze – Philipp Wendt, Kai Druschky (54. Max Keßler), Alexander Bury – Branden Stelmak (46. Marc Böttger); Trainer: Dietmar Demuth
VfL 05 Hohenstein-Ernstthal: Petkov – Kochte, Fischer, Colditz, Schmeling – Wilhelm (ab 69. Heinrich), Georgi, Enold (ab 90.+1 Heßmann), Erler (ab 40. Neubert) – Blankenburg, Elezi – Trainer: i.V. Fröhlich
Schiedsrichter: Lorenz (Bad Langensalza) – Schiedsrichter-Assistenten: Rauner (Niederpöllnitz), Schubert (Weida)
Zuschauer: 2.189 im Alfred-Kunze-Sportpark zu Leipzig