
Foto: Christian Donner
Mit Ach und Krach ist die BSG Chemie Leipzig in die dritte Runde des Sachsenpokals eingezogen. Nach 120 Minuten hieß es gegen starke Crottendorfer 3:2 aus Leutzscher Sicht. Chemie-Trainer René Behring wollte direkt nach dem Spiel über das „Wie“ lieber den Mantel des Schweigens legen. Wir dagegen stecken noch einmal den Finger in die Wunde und arbeiten auf.
Offiziell 980 Zuschauer fanden sich am Annaberg um den Crottendorfer Kunstrasenplatz ein, darunter auch gut 250 Chemie-Fans. Geschätzte 30 weitere Neugierige schnappten sich den Gartenstuhl und nahmen auf den Dächern der umliegenden Bungalows Platz – ein Bild für die Götter! Alles hätte so schon sein können, wenn da nicht… (weiteres dazu in der offiziellen Stellungnahme)
Chemie trat im Vergleich zum Kamenz-Spiel deutlich verändert auf, denn mehrere Spieler erhielten von Behring die Chance, sich zu beweisen. So kamen diesmal Tom Baumgart, Toni Staigys, Alexander Portleroy, Norman Lee Gandaa und Marcus Wolf von Beginn an zum Einsatz. Einer davon avancierte später gar zum Matchwinner, aber immer der Reihe nach.
Das Spiel begann zerfahren, den favorisierten Chemikern eröffneten sich kaum Räume. Dies war nicht nur auf das kleine Spielfeld zurückzuführen, sondern auch auf das gute Stellungsspiel der Blau-Weißen. Diese zeigten keinerlei Scheu, auch die Initiative nach vorn zu suchen. So auch in der 27. Minute, als Thomas Löser im Mittelfeld zwei Chemiker aussteigen ließ – wer war hier nochmal Landesliga? – und einen schönen Steilpass durch die Nahtstelle spielte, Eric Hässler jedoch in letzter Sekunde von Alexander Portleroy gestoppt werden konnte. Dennoch schien alles nach Plan zu laufen, als Gandaa von links Dave Jeßner per Flanke bediente, der schulmäßig in die lange Ecke zum 1:0 aus Chemie-Sicht einköpfte.
Bis zum Halbzeitpfiff hatte Chemie das Spiel dann etwas besser im Griff, ohne jedoch uneingeschränkte Souveränität in den Aktionen nach hinten und nach vorn auszustrahlen. Es blieb also bei der 1:0-Führung – kein wirklich beruhigendes Zwischenresultat.
Dem wurde direkt nach dem Wiederanpfiff Abhilfe geschaffen: Thomas Hönemann wurde steil geschickt und hatte nur noch den (etwas zu früh) herausgeeilten Crottendorfer Schlussmann Sommerfeld vor sich. Chemies Nummer 9 blieb besonnen und hielt nicht blind drauf, sondern legte uneigensinnig auf den mitgelaufenen Gandaa ab. Dieser nahm den Ball direkt per Innenseite – 2:0 für die BSG und erstes Pflichtspieltreffer für „NLG“ (46.)!
Einige mitgereiste Chemie-Fans träumten wohl schon vom hochkarätigen Gegner in der nächsten Runde, doch die Erzgebirgler dachten überhaupt nicht daran aufzugeben und legten in Sachen Kampfgeist und Robustheit noch eine Schippe zu. Für den Elan wurden sie zugleich belohnt. Scheiterte Simon Smidt (ja, so hieß er!) zunächst am gut reagierenden Andreas Rudolf, entschied eben dieser fünf Minuten nach dem 0:2, dem Spiel etwas mehr Würze zu verleihen. Eine hohe Bogenlampe legte er sich quasi selbst ins Tor – eine tolle Geste den sympathischen Gastgebern gegenüber! Der Plan ging auf, denn gut zehn Minuten später lud Chemie die Blau-Weißen zum fröhlichen Konterfußball ein und fing sich prompt den Ausgleichstreffer. Crottendorf Eric Häßler war durchgesprintet und von Löser bedient worden. Die Crottendorfer Fans, die ein ums andere Mal durch Anfeuerungsrufe und Fähnchengeschwenke auffielen, zelebrierten das völlig verdiente 2:2 mit einem bengalischen Feuer. Dafür wurde der „Schuldige“ gleich von der Ordnungsmacht herausgepickt und des Stadions verwiesen – willkommen in Fußballdeutschland!
In der Folgezeit entwickelte sich ein offener Schlagabtausch. Zuerst war Rudolf, der nach seinem Fauxpas immer mehr zum sicheren Rückhalt wurde, gegen Daniel Mannsfeld zur Stelle, danach konnte sich auch Heimtorhüter Sommerfeld gegen Gandas Versuch aus spitzem Winkel auszeichnen. Das Spiel blieb spannend, weitere Tore fielen jedoch nicht. Stattdessen war Zittern angesagt – Verlängerung!
Behring war gefordert und konnte die Mannschaft wohl gut auf die nächsten 30 Minuten einstimmen, denn Chemie gewann nun endlich wieder die Oberhand. Auch die Fans erkannten den Ernst der Lage und passten den Support an das umgekämpfte Geschehen auf dem Feld an. Die erste richtig dicke Gelegenheit hatten allerdings die Hausherren, doch Keeper Rudolf machte seinen Fehler nun endgültig wieder gut und schmiss sich in Häßlers Schuss aus kürzester Distanz. Kurz vor dem Seitenwechsel sorgte Norman Lee Gandaa für kollektives Aufatmen auf der Bank und im Fanblock: Nach Querpass Matthias von der Weths tunnelte er Sommerfeld zur 3:2-Führung. Für seinen in den Augen des ansonsten souverän amtierenden Schiris Albert zu emotional ausgefallenen Torjubels („Stiftung Bauzauntest“) kassierte er noch die gelbe Karte, was in diesem Moment durchaus zu verschmerzen war. Crottendorf gab dennoch nicht auf und hätte in der 114. Minute durch den eingewechselten Steve Häßler beinahe noch den erneuten Ausgleich erzielt, doch Rudolf lenkte das Leder an den Pfosten und rettete seiner Mannschaft damit den Allerwertesten. Beide Teams hatten in der Folgezeit noch kleinere Torchancen, doch glücklicherweise blieb es beim 3:2.
Nach der 0:5-Klatsche in Kamenz war die Unsicherheit in allen Teilen der Mannschaft zu spüren. Die Hintermannschaft bleibt weiterhin das Sorgenkind, zu häufig machen sich die Grün-Weißen durch Abstimmungsprobleme und Nachlässigkeiten das Leben schwer. Bleibt zu hoffen, dass im Spiel gegen die Reserve des VFC Plauen wieder mehr Stabilität einkehrt.
SV Blau-Weiß Crottendorf: Ralf Sommerfeld, Daniel Mannsfeld, Simon Smidt, Marcus Süß, Lars Köhler, Eric Häßler, Christian Dietze, Thomas Nestler, Frank Wiesehütter, Nico Volte (53. Jirka Lehrich), Thomas Löser (106. Steve Häßler)
BSG Chemie Leipzig: Andreas Rudolf, Tom Baumgart (77. Matthias Gothe), Toni Staigys (53. Florian Gerber), Dave Jeßner, Felix Preussner, Alexander Portleroy (53. Tim Krömer), Thomas Hönemann, Norman Lee Gandaa, Matthias von der Weth, Marcus Wolf, Patrice Meißner
Tore: 0:1 Dave Jeßner (35.); 0:2 Norman Lee Gandaa (46.); 1:2 Thomas Löser (51.); 2:2 Eric Häßler (65.); 2:3 Norman Lee Gandaa (105.)
Schiedsrichter: Lars Albert (Muldenhammer) – Assistenten: Torsten Junghof, Dietmar Neubert
Zuschauer: 980